Aktion der Letzten Generation Klimaaktivisten besprühen Bar in Luxushotel auf Sylt
Berlin · Während der Aachener Polizeipräsident zumindest Verständnis für die Motive der Klimaschutzgruppe Letzte Generation hat, haben Aktivisten in Anspielung auf den Smog in New York in der Bar eines Luxushotels auf der Insel Sylt orangene Farbe versprüht.
„Wir markieren Orte und Symbole maßlosen Überkonsums“, erklärte der Aktivist Hendrik Frey laut einer am Donnerstag verbreiteten Pressemitteilung.
„Wir können nicht warten, bis die Flammen auch die Reichen in ihren Luxusresorts erreichen und sie zum Umlenken bewegen“, fügte er hinzu. Rauch von den schlimmen Waldbränden in Kanada hat zu massiver Luftverschmutzung an der US-Ostküste geführt und unter anderem New York in apokalyptisch wirkenden Dunst gehüllt.
„Reichtum und CO2-Ausstoß geht Hand in Hand“, betont die Klimagruppe und verweist darauf, dass ein Prozent der Menschheit, das die reichsten Menschen umfasst, etwa ein Fünftel aller Treibhausgasemissionen verursache. „Wenige Superreiche befeuern die Katastrophe mit ihren Luxusemissionen“, kritisierte die Aktivistin Judith Beadle.
Am selben Tag war eine Aktivistin der Klimaschutzgruppe nach einer Protestaktion an der Hamburger Universität wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 400 Euro verurteilt worden. Vor fast einem Jahr hatten Vertreter der Letzten Generation das Audimax und außen mit einer schwer zu entfernenden Farbe besprüht, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisiert regelmäßig die Forderungen und Methoden der Letzten Generation. „Nicht ankleben, sondern anpacken“, sagte er kürzlich mit Blick auf die Aktivisten, die sich auf Straßen festkleben, um ihrer Forderung nach entschiedenerem Klimaschutz Nachdruck zu verleihen.
Bei einer anderen Gelegenheit hatte Scholz die Aktionen der Letzten Generation als „völlig bekloppt“ bezeichnet.
Weinspach hat Verständnis für Aktivisten
Unterdessen hat der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach bei einem Podiumsgespräch während des evangelischen Kirchentages den Umgang mit den Aktivisten der „Letzten Generation“ kritisiert. Er halte selbst nicht viel von zivilem Ungehorsam, sagte Weinspach am Donnerstag in Nürnberg bei einem Gespräch mit Aktivisten, Wissenschaftlern und Politikern. „Ich halte es aber für genauso verkehrt, diese verzweifelten Aktivisten zu kriminalisieren und zu dämonisieren“, spielte der Polizeipräsident auf eine bundesweite Razzia gegen die Klimaaktivisten vom 24. Mai an.
Für ihn als Juristen und Polizisten sei es „schwer zu ertragen“, wenn Politiker sich bei einem Anfangsverdacht sagten, für sie sei die Gruppe eine extremistische Vereinigung. Das sei Populismus. Weinspach sagte auch, er könne die Motive der Protestierenden der „Letzten Generation“ nachvollziehen, „durch die Bilder der Aktionen werden aber die Gräben vertieft und das Gegenteil erreicht“. Die Klimaaktivisten hätten ihre Anhänger „in der eigenen Blase“, aber viele andere würden von ihren Aktionen verschreckt.
Er sei keine „Blase“, sondern Wissenschaftler, entgegnete der Physiker Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der berufenes Mitglied des Sachverständigenrats für Umweltfragen der Bundesregierung ist. „Wir entziehen uns die ökologischen Grundlagen, die Zeit zum Reagieren läuft uns weg“, sagte er. Unter dem enormen Zeitdruck müsse jeder an seinem Ort und mit seinen Möglichkeiten handeln. „Es braucht Leute, die das Warnsignal sind“, sagte Lucht.