Holocaust-Leugner aus Oberhausen Neonazi in ehemaligem Grab eines jüdischen Wissenschaftlers bestattet
Stahnsdorf · Die Beisetzung eines Neonazis im Grab eines jüdischen Musikwissenschaftlers auf dem evangelischen Südwestkirchhof in Stahnsdorf bei Berlin sorgt für Empörung. Jetzt wurde Strafanzeige gestellt.
Der Berliner Antisemitismusbeauftragte Samuel Salzborn habe Strafanzeige wegen des Verdachts der Störung der Totenruhe, der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und der Volksverhetzung erstattet, teilte die Senatsverwaltung für Justiz am Dienstag mit.
„Die Absicht liegt hier auf der Hand, dass Rechtsextremisten bewusst ein jüdisches Grab gewählt haben, um durch die Beisetzung eines Holocaustleugners die Totenruhe zu stören“, erklärte Salzborn. Das „gesamte Friedhofsetting mit verurteilten Holocaustleugnern bei der Beisetzung“ verlange nach einer strafrechtlichen Überprüfung. Er habe deshalb Anzeige bei der Polizei in Brandenburg erstattet.
Mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) sei er zudem „im konstruktiven Austausch“, welche Konsequenzen der Vorfall haben soll, betonte Salzborn. Es müsse geprüft werden, ob und gegebenenfalls wie schnell der Holocaustleugner umgebettet werden könne, um das würdige Andenken an den Musikwissenschaftler Max Friedlaender nicht länger zu stören. Salzborn ist seit 2020 Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus.
Der mehr als 200 Hektar große Südwestkirchhof in Stahnsdorf ist Deutschlands größter evangelischer Friedhof. Er liegt südlich von Berlin in Brandenburg zwischen Potsdam und Teltow, gehört jedoch kirchenrechtlich zu Berlin. Der Neonazi Henry Hafenmayer war dort am Freitag beigesetzt worden.
Zuerst hatten die Informationsdienste „blick nach rechts“ und „Recherchenetzwerk Berlin“ darüber berichtet. Laut dem „Recherchenetzwerk Berlin“, das zahlreiche Fotos zum Thema ins Netz gestellt hat, nahmen an der Beisetzung des aus Oberhausen stammenden Hafenmayer zahlreiche Neonazi-Größen und Rechtsextremisten teil darunter der Neonazi Horst Mahler, der wegen Volksverhetzung lange Jahre inhaftiert war.
Unter den Trauergästen waren zudem der Neonazi-Aktivist und langjährige NPD-Kader Thomas Wulff, der rechte Blogger Nikolai Nerling alias „Der Volkslehrer“ und Dennis Ingo Schulz, ein mehrfach vorbestrafter sogenannter Reichsbürger. Fotos von der Grabstelle zeigen Kränze mit Grabschleifen in den Reichsfarben und aufgedruckten eisernen Kreuzen.
Laut Landeskirche war die Beisetzung Hafenmayers ohne evangelische Begleitung. Die Entscheidung, die Anfrage nach einer Grabstätte nicht abzulehnen, sei im Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) getroffen worden, hieß es. Leitend sei dabei im Grundsatz, dass jeder Mensch ein Anrecht auf eine letzte Ruhestätte habe.
Der erste Grabstättenwunsch sei von der Friedhofsleitung abgelehnt worden, trotzdem sei auch die Auswahl der ehemaligen Grabstätte Max Friedlaenders ein Fehler. „Diesen Fehler prüfen wir zurzeit“, erklärte die Landeskirche. Der Grund für die Wahl dieser Grabstätte ist ein Patenschaftsverhältnis.
Auf dem Friedhof besteht seit einigen Jahren die Möglichkeit, Patenschaftsverträge für historische Grabstätten abzuschließen. Die Kosten für die Instandhaltung und Pflege der historischen Grabmale übernehmen die Paten. Der Pate erwirbt im Gegenzug das Recht, Beisetzungen auf der ausgewählten Grabstätte vornehmen zu lassen. Im Bestattungsfall kann zudem im Rahmen der denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen der Name des Verstorbenen neu an der Grabstätte angebracht werden.