Anklage wegen Sterbehilfe Sterbehelfer Roger Kusch wehrt sich

Hamburg · Der wegen Totschlags angeklagte Sterbehelfer Roger Kusch hat die Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen. "Wir sehen aus der Anklage keinerlei Anlass, irgendetwas zu ändern", sagte Kusch am Dienstag in Hamburg.

 Der Psychiater Johann Friedrich Splitter (l) und der Vorsitzende von Sterbehilfe Deutschland e. V., Roger Kusch.

Der Psychiater Johann Friedrich Splitter (l) und der Vorsitzende von Sterbehilfe Deutschland e. V., Roger Kusch.

Foto: dpa, mch hpl

Der von ihm gegründete und geleitete Verein Sterbehilfe Deutschland StHD arbeite verfassungskonform und ethisch richtig. "Wir werden ohne Wenn und Aber weitermachen", so der frühere Hamburger Justizsenator und ehemalige CDU-Politiker.

Am Montag hatte die Hamburger Staatsanwaltschaft Klage gegen Kusch sowie den psychiatrischen Gutachter Johann Friedrich Spittler erhoben. Den beiden wird vorgeworfen, 2012 zwei gesunde und sozial eingebundene Frauen beim Suizid unterstützt zu haben, obwohl bei ihnen nicht hoffnungslose Prognosen oder unerträgliche Beschwerden vorgelegen hätten. Zudem hätten die 81- und 85-jährigen Frauen noch kurz vor ihrem Suizid mit der Entscheidung gehadert. Dennoch seien sie nicht umfänglich über Alternativen aufgeklärt worden.

Kusch gestand nun ein, dass es damals tatsächlich eine Neuerung gegeben habe: Anders als sonst üblich, sei Psychiater Spittler auch während des Suizids bei den Frauen geblieben. Der Gutachter verteidigte sein Verhalten. "Um dieser Menschen willen werde ich weitermachen, so schwer das auch ist", sagte er.

Kusch: "Eine solche Anklage ist persönlich belastend"

Kusch wies den Vorwurf der Staatsanwaltschaft zurück, er habe mit seinem Verhalten absichtlich einen Rechtsstreit herbeiführen wollen. "Eine solche Anklage ist persönlich belastend", sagte er. "Wir nehmen die Anklage ernst", so der Jurist, er wolle trotzdem weitermachen wie bisher. Sein 2009 gegründeter Verein habe 118 Menschen beim Suizid begleitet, allein 41 von ihnen im vergangenen Jahr. Im gleichen Zeitraum seien 300 der 456 Mitglieder beigetreten.

Rechtsanwalt Walter Wellinghausen, der zusammen mit der Kollegin Stefanie Kemper die Vertretung der Angeklagten vor Gericht übernimmt, erklärte, mit einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg über die Klage sei nicht vor Herbst zu rechnen. Er kritisierte an der Anklageschrift "deutliche Mängel in der handwerklichen Ausführung" und warf der Staatsanwaltschaft "Überheblichkeit" vor. Er setze in einem möglichen Prozess auf die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte "freie Entscheidung des Menschen" sowie die im Grundgesetz als höchstes Gut festgeschriebene Menschenwürde.

Kusch und Spittler stellten auch eine Weiterentwicklung ihres "Injektionsautomaten" vor, mit dem sie bereits 2008 Aufsehen erregt hatten. Die Selbsttötungsmaschine sei nun mit einem Hebel ausgestattet, den körperlich sehr gebrechliche Menschen mit einer leichten Kopfbewegung betätigen können sollen. Zuletzt seien zwei extrem schwache Patienten beim Suizid-Versuch gescheitert, da ihre Kraft zum Drücken des Knopfes der Apparatur nicht ausgereicht habe.

(KNA)
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