Richter: Auch als Heilmittel einsetzbar Sozialamt muss Viagra zahlen

Frankfurt/Main (rpo). Grundsätzlich ist Viagra auf Sozialamtskosten möglich. Das hat ein Frankfurter Richter in einem bundesweiten Musterprozess entschieden.

<P>Frankfurt/Main (rpo). Grundsätzlich ist Viagra auf Sozialamtskosten möglich. Das hat ein Frankfurter Richter in einem bundesweiten Musterprozess entschieden.

Sozialämter dürfen Sozialhilfeempfängern die Potenzpille Viagra nur nach sorgfältiger Abwägung verwehren. Das hat am Dienstag das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main entschieden. Die Richter wiesen die Behörde des Main-Taunus-Kreises an, den Ablehnungs-Bescheid für einen 54 Jahre alten Frührentner zu prüfen und neu zu entscheiden.

Das Amt hatte die Kostenübernahme für Viagra mit der Begründung abgelehnt, es könne nicht sein, dass Sozialhilfeempfänger besser gestellt werden als Kassenpatienten. Gesetzlich Versicherte bekommen Viagra nämlich nicht erstattet.

Die stellvertretende Leiterin des Rechtsamts, Daniela Schiller-Lückemeier, nannte neben den hohen Kosten von 25 Euro pro Potenzpille auch die Möglichkeit des Missbrauchs für die ablehnende Entscheidung ihrer Behörde. Das Sozialamt hatte dem Frührentner ein anderes, weitaus günstigeres Potenzmittel genehmigt, das in den Penis injiziert wird.

Alkohol- und tabellettensüchtig

Die Vertreterin des Main-Taunus-Kreises erklärte, der Kläger sei alkohol- und tablettensüchtig. Er falle immer wieder durch Exzesse und Gewaltausbrüche auf. Es bestehe die Gefahr, dass er die Potenzpillen auf dem Schwarzmarkt verkaufe, um seine Sucht zu finanzieren.

Der 54-jährige erklärte dagegen, er habe diverse Potenzmittel getestet, Viagra vertrage er am besten. Als Grund für seine Klage gab der Frührentner seinen Kinderwunsch an. Seine Frau sei erheblich jünger als er. Nach zwei Operationen an der Harnröhre sei er impotent. Dies sei auch von einem Urologen attestiert worden.

Richter Norbert Breunig sagte, das Potenzmittel Viagra könne auch als Heilmittel eingesetzt werden. Er wies die Mitarbeiter des Sozialamtes an, eine Therapie für den 54-jährigen in Absprache mit den Ärzten zu erstellen, Vorerkrankungen ebenfalls zu klären wie mögliche Missbrauchsformen. Dies könne ein Gericht nicht leisten, um die Frage der Kostenerstattung endgültig zu klären.

Der Richter ließ ausdrücklich die Berufung gegen das jetzt ergangene Urteil zu. Er halte, so die Begründung, diese Rechtsfrage für ganz erheblich. Bislang hatten unterschiedliche Gerichte entschieden, weder Kassen noch Sozialämter müssen für eine altersbedingte Impotenz bezahlen. Dagegen sind sowohl die privaten wie auch die gesetzlichen Kassen bereits zur Bezahlung verurteilt worden, wenn eine Krankheit Grund für die Impotenz war.

(Aktenzeichen 10E 5407/01)

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