Wehrbeauftragter sprach von "Alkoholproblemen" Soldaten wehren sich gegen "Sauf-Vorwürfe"

Berlin (RPO). Die Soldaten der Bundeswehr wehren sich gegen die jüngsten Vorwürfe über ein angeblich weit verbreitetes "Saufen" in der Truppe. Sowohl aus Kreisen der Offiziere als auch der Mannschaften wurde versichert, "solche Meldungen treffen so nicht zu". Ein Kompaniechef brachte es auf den Punkt: "Wer sich im Dienst betrinkt, ist bei uns Fehl am Platz".

Adler und Schwert - Bilder einer Bundeswehreinheit
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Der Sprecher des Bundeswehrverbandes, Wilfried Stolze, sagte im ddp-Gespräch: "Die Bundeswehr hat heutzutage kein Alkoholproblem". Übertriebene Darstellungen gäben "nicht das echte Bild der Bundeswehr im Alltag wieder". Ähnlich äußerten sich Verteidigungsexperten der Bundestagsfraktionen.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), hatte von einem allgemeinen Alkoholproblem in der Bundeswehr gesprochen. Er will darauf bei der Vorlage seines Jahresberichtes am 16. März eingehen. Der Verteidigungsausschuss des Bundestages will sich schon am nächsten Mittwoch mit dieser Frage beschäftigen.

"Null-Toleranz" gegen Saufen"

Stolze sagte, die Soldaten könnten nach Zechgelagen "bestimmt nicht ihren fordernden Dienst ausführen". Im militärischen Alltag gebe es "hinlänglich eine Null-Toleranz gegen das Saufen". Wer dagegen verstoße, dem drohten Disziplinarstrafen und letzten Endes der "schnelle Rausschmiss" aus der Truppe. Es bestehe jedoch immer wieder die Gefahr, dass "bestimmte Erscheinungen" aus der Zivilgesellschaft auf die Truppe "überspringen". Sie sei "eben das Spiegelbild der Gesellschaft".

Stolze stimmte dem Verteidigungsministerium zu, das bekannt gewordene "Alkoholexzesse" in der Bundeswehr für Einzelfälle hält. Es gebe im Moment kein "generelles Problem", hatte ein Ministeriumssprecher erklärt. Aus den Reihen von Reservisten wurde darauf hingewiesen, dass seit Gründung der Bundeswehr vor 55 Jahren das "Thema übermäßigen Alkoholgenusses in der Truppe immer wieder mal eine Rolle gespielt hat".

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, sagte ddp, er sehe "keine ernsthaften Anzeichen dafür, dass der Dienst in der Bundeswehr gegenwärtig generell durch Alkoholmissbrauch gefährdet ist". Es gebe allerdings manchmal "Grauzonen", wo Soldaten zu übermäßigem Alkoholgenuss durch Kameraden "verführt werden". Die Vorgesetzten müssten für solche Vorgänge "etwas mehr sensibilisiert werden".

Bundeswehr als Spiegel der Gesellschaft

Zu den umstrittenen Aufnahmeritualen und Mutproben bei den Gebirgsjägern in Mittenwald meinte der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, die Debatte über diese Vorgänge zeige, "dass die Bundeswehr das ist, was sie immer war, ein Spiegel der Gesellschaft". Dies gelte im Guten wie im Schlechten. In Zeiten von Flatrate-Partys und Dschungelcamp könne ein Vorfall wie in Mittenwald eigentlich nicht verwundern.

"Diese Feststellung relativiert die Vorfälle nicht, hilft sie aber einzuordnen", sagte Beck ddp. Das Verteidigungsministerium habe richtig reagiert, indem es sich nicht von blindem Aktionismus anstecken ließ. Stattdessen werde es eine gründliche und unaufgeregte Aufklärung geben.

Paul Schäfer von der Bundestagsfraktion Die Linke sagte, gerade in den sich selbst als elitär begreifenden Einheiten herrsche oft eine Kultur der Abschottung und falsch verstandener Kameradschaft, die sowohl Alkohol- als auch allerlei andere Exzesse begünstige und ihre Aufarbeitung erschwere. "Hier muss mehr Transparenz her, gründlichere Kontrolle von außen und intensivere Aufklärung", forderte Schäfer.

(DDP/felt)
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