Eine Million Kräutertöpfe vernichtet Skandal um Bio-Kräuter in NRW
Düsseldorf · Das Bundesamt für Verbraucherschutz hat ein Pflanzenstärkungsmittel verboten, das eine illegale Chemikalie enthält. Betroffen sind vor allem Kräuter aus Bio-Anbau. Eine Firma aus Nettetal importierte das Mittel aus den USA.

Was Verbraucher über DDAC wissen müssen
In Nordrhein-Westfalen sind offenbar mindestens drei Jahre lang Kräuter aus angeblich biologischem Anbau verkauft worden, die mit dem Desinfektionsmittel DDAC (Didecyldimethylammoniumchlorid) belastet waren. Das hat der im niederrheinischen Nettetal ansässige Importeur des Pflanzenstärkungsprodukts Vi-Care auf Anfrage unserer Redaktion bestätigt. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat den Verkauf von Vi-Care jetzt verboten. Rund eine Million Kräutertöpfe wurden in den vergangenen Wochen vernichtet.
"Das Mittel war sehr beliebt", sagte Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. "Es hat die Kräuter hochwirksam gegen den Befall von Pilzen geschützt. Das lag offenbar an den illegalen Zusatzstoffen." Wie die Substanz DDAC in das Pflanzenstärkungsmittel gelangt ist, war zunächst unklar.
Der Hersteller von Vi-Care, die in Miami (USA) ansässige Firma Citrex, hatte dem Importeur das Produkt als rein biologisch angepriesen und Zertifikate vorgelegt, wonach das Mittel aus einer ökologisch unbedenklichen Zitrusessenz besteht. Nachdem der Fall jetzt durch die Eigenkontrolle eines Bio-Bauern ans Licht kam, ist Citrex nicht mehr zu erreichen. "Es sieht so aus, als ob wir es hier im Bereich der Pflanzenstärkungsmittel mit kriminellen Machenschaften zu tun haben, die im Obst- und Gemüseanbau einen großen Schaden nach sich ziehen können", sagte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums. Experten rechnen mit einem Schaden in Millionenhöhe.
Eine Gesundheitsgefährdung für die Verbraucher sieht das Bundesamt für Risikoforschung bislang nicht. Aber: "Desinfektionsmittel haben in Lebensmitteln nichts zu suchen", sagte Peter Muß, Vize-Geschäftsführer des Provinzialverbands Rheinischer Obst- und Gemüsebauern.
Das nordrhein-westfälische Umweltministerium kündigte Konsequenzen an. "Wir werden verstärkt prüfen, welche Pflanzenstärkungsmittel im Obst- und Gemüseanbau eingesetzt werden", sagte der Sprecher: "In Nordrhein-Westfalen sind wir dabei, die Untersuchungsverfahren zu etablieren, damit wir die Erzeugnisse ermitteln können, die den nicht zugelassenen Wirkstoff enthalten." Die amtlichen Messwerte können auch den betroffenen Landwirten dabei helfen, mögliche Schadenersatzforderungen durchzusetzen. Experten rechnen damit, dass sich der Skandal in den nächsten Wochen noch ausweitet.