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NRW-Ärzte boykottieren Schweinegrippe-Impfung umstritten

Düsseldorf (RP). In NRW soll vermutlich am 26. Oktober mit der Impfung gegen das H1N1-Virus begonnen werden. Als Erste sollen Angehörige des Gesundheitswesens wie Ärzte, Praxismitarbeiter, Pflegekräfte und Polizisten den Impfstoff erhalten. Doch viele wollen die Impfung boykottieren.

Schweinegrippe: Das müssen Arbeitnehmer wissen
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Foto: ddp

Michael Blondin (großes Bild) ist Allgemeinmediziner. In seiner Praxis in Neukirchen-Vluyn impft er täglich viele Patienten gegen Grippe. Wie die anderen Hausärzte in NRW ist auch er von den Gesundheitsbehörden gefragt worden, ob er seine Praxis als Stützpunkt für die Ende Oktober beginnende Impfung gegen Schweinegrippe zur Verfügung stellt. "Wir machen da nicht mit", sagt der Arzt. "Und von den Mitarbeitern in unserer Praxis lässt sich auch niemand impfen."

Mit seiner Haltung steht Blondin nicht allein. So teilte das Krefelder Werkarztzentrum, das zahlreiche Unternehmen und Pflegeeinrichtungen in der Region betreut, seinen Kunden mit, dass es sich an den Impfungen nicht beteiligen werde. Es sei "bisher nicht bekannt, was im Impfstoff enthalten ist.

Dem Impfstoff sind Trägerstoffe zugesetzt, die bekannterweise starke Nebenwirkungen auslösen, wie lokale Reaktionen, Schmerzen, Entzündungen und noch schlimmere Impfschäden", so die Leitende Ärztin des Werkarztzentrums. Sie werde "sich, ihre Mitarbeiter und auch sonst niemanden mit dem derzeitigen Impfstoff impfen", schreibt sie. Angelika Hauser, Vorsitzende des Ärzteverbandes Hartmannbund in NRW, bestätigt, dass viele ihrer Kollegen nichts von der Impfkampagne halten: "Viele denken, dass die Krankheit einfach nicht so gefährlich ist."

RKI und WHO empfehlen Impfung

Mit ihrer Impfverweigerung handeln Mediziner und Praxisangehörige gegen eine Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, das in Deutschland für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten zuständig ist, und des Paul-Ehrlich-Instituts, das die Zulassung von Arzneimitteln kontrolliert. Auch die Weltgesundheitsorganisation hat sich für eine Impfung ausgesprochen. Eine Stellungnahme der Ständigen Impfkommission in Deutschland wird für die nächsten Tage erwartet.

Es gilt als sicher, dass zunächst in einer ersten Welle möglichst viele Mitarbeiter des Gesundheitswesens mit Patientenkontakt geimpft werden sollen. Doch die bislang glimpflich verlaufenen Krankheitssymptome haben die Impfbereitschaft schrumpfen lassen: Bei 20.648 gemeldeten Fällen in Deutschland gab es bislang nur einen Todesfall, bei dem das Schweinegrippe-Virus H1N1 mitursächlich war. Die Zahl der Neuinfektionen pro Woche ist von 3300 Ende Juli auf 749 Ende September zurückgegangen.

Hinzu kommen Warnungen des "Arzneimittel-Telegramms". Dessen Herausgeber Wolfgang Becker-Brüser warnt vor Verstärkerstoffen (Adjuvantien), die im Impfstoff enthalten seien. Diese Präparate seien nicht umfangreich genug getestet worden. Nebenwirkungen wie lebensbedrohliche Immunreaktionen seien nicht auszuschließen. Becker-Brüser: "Wir erleben einen Großversuch an der deutschen Bevölkerung." Aus der Ärzteschaft habe er viel Zustimmung erhalten.

Eine Milliarde in den Sand gesetzt?

"Wenn Ärzte sich gegen eine Impfung aussprechen, wird das negative Auswirkungen auf die Impfbereitschaft der Bevölkerung haben", befürchtet Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut in Berlin. Auch Leonard Hansen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, hält ein Scheitern der Impfkampagne für möglich: "Es ist nicht auszuschließen, dass wir eine Milliarde Euro in den Sand setzen."

Die Ärzte stünden vor dem Spagat zwischen einer Dramatisierung und einer Verharmlosung der Schweinegrippe. Zum einen sei die Krankheit höchst ansteckend, zum anderen seien die Symptome so mild, dass vermutlich bereits viele an der neuen Influenza-Form erkrankt seien, ohne es zu wissen. Trotzdem setzt Hansen sich für eine Impfung ein. "Man muss hier Nutzen und Risiken gegeneinander abwägen." Die Gefahr von Nebenwirkungen sei nicht größer als bei jeder anderen Impfung auch. Schließlich müsse damit gerechnet werden, dass das Virus mutiere.

Auch die EU-Kommission zeigt sich besorgt: "Europa droht eine zweite Grippewelle mit mehr Todesfällen", sagt Kommissarin Androulla Vassiliou in einem Interview. Die Menschen müssten sich vor Ansteckungen schützen. Bislang haben sich nach Angaben der KV-Nordrhein 4000 Hausarztpraxen bereit erklärt, die Impfung in ihrer Praxis zu unterstützen. Michael Blondin gehört nicht dazu. Er sagt: "Für Schnellschüsse stehe ich nicht zur Verfügung."

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