Holzklotzwurf auf der A 29 Schutzzäune gegen Steinewerfer?

Oldenburg/Düsseldorf (RP). Nach dem Holzklotzwurf auf die A 29, durch den eine 33-jährige Mutter getötet wurde, ist eine heftige Diskussion entbrannt: Wie kann man solche Anschläge künftig verhindern? Im Gespräch sind Kameraüberwachung, Brückenkontrollen und Netze. Zugleich wird eine konsequente Strafverfolgung gefordert, um die Täter abzuschrecken.

Holzklotz tötet Frau - Polizei ermittelt
11 Bilder

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Frank Richter ist der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in NRW. Am Dienstag, auf dem Weg zur Arbeit nach Düsseldorf, war der 48-Jährige vor Autobahnbrücken besonders aufmerksam. "Da kommen einem die Bilder aus Oldenburg in den Kopf." Vielen Autofahrern in NRW erging es genau so.

Eine Sonderkommission der Polizei sucht nach dem Täter, der für den Tod der 33-jährigen Mutter, die auf der A 29 von einem Holzklotz erschlagen wurde, verantwortlich ist. Der sechs Kilo schwere Klotz wird auf genetische Spuren untersucht.

Zugleich ist eine Diskussion darüber entbrannt, ob und wie man solche Tragödien verhindern kann. "Wir reden über Kameraüberwachung, Brückenkontrollen und Netze, die aufgespannt werden", sagt ADAC-Sprecherin Jacqueline Grünewald. "Aber das ist alles hypothetisch. Denn alle Maßnahmen kosten viel Geld." Dies bestätigt der Landesbetrieb "Straßen.NRW", der für Baumaßnahmen an Autobahnen und Bundesstraßen zuständig ist. "Wenn wir alle 2000 Brücken mit Schutzzäunen ausrüsten würden, würde das etwa 120 Millionen Euro kosten", sagt Bernd Löchter, der Sprecher des Landesbetriebs. Zum Vergleich: Insgesamt wurden 2007 rund 900 Millionen Euro in den Neubau und die Instandsetzung von Straßen investiert.

Nicht allein aus finanziellen Gründen äußerten sich Politiker skeptisch zu vorbeugenden Baumaßnahmen. "Steinwürfe sind durch Vorbeugung genauso schwer zu verhindern wie Terror-Anschläge", sagte Horst Becker (Grüne). Karsten Rudolph, Innen-Experte der SPD, setzt darauf, den Fahndungsdruck zu erhöhen. "Es muss klar sein, dass solche Taten gravierende Konsequenzen nach sich ziehen." Christian Lindner, Generalsekretär der NRW-FDP, wirbt dafür, das Thema Steinewerfer im Verkehrsunterricht an Schulen und bei der Führerschein-Ausbildung stärker anzusprechen.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), sprach sich für den Einsatz von Überwachungskameras auf ausgesuchten Autobahnbrücken aus. "Wenn es Brücken geben sollte, von denen Angriffe mit Wurfgeschossen vermehrt zu registrieren sind, wäre es naheliegend, dort Kameras zu installieren", sagte Edathy der Oldenburger "Nordwest-Zeitung". Zwar könnten Kameras die Taten nicht verhindern.

Doch würden Videoaufzeichnungen die Strafverfolgung erleichtern. Brückenwerfern drohen lebenslange Haft wegen Mordes oder Totschlags. "Einfach etwas von einer Autobahnbrücke schmeißen nach dem Motto, mal gucken was passiert, so naiv kann niemand sein", sagt ADAC-Jurist Markus Schäpe. Tod oder Verletzung von Menschen würden billigend in Kauf genommen. Auch harmlosere Fälle würden als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet.

"Nicht in Panik geraten"

Der ADAC rät Autofahrern, nicht in Panik zu geraten, wenn verdächtig erscheinende Personen auf einer Brücke stehen. "Eine Vollbremsung könnte dann verheerend sein", warnt Jacqueline Grünewald. Die Fahrer sollten aufmerksam auf Brücken achten. "Man kann versuchen, sich auf etwas Unnormales einzustellen. Fällt aber ein schwerer Gegenstand herab, hat man keine Chance."

Was geht in Menschen vor, die Gegenstände auf die Autobahn schleudern und damit den Tod anderer riskieren? "Meist sind die Täter Jugendliche, die so etwas aus Spaß oder Langeweile machen", sagt Verkehrspsychologin Susanne Laumeyer. Sie vermutet: "Die Folgen haben die jungen Menschen nicht im Blick" Hilflosigkeit, das Gefühl, im normalen Leben eine Opferrolle zu spielen, sorge dafür, dass die Jugendlichen mit solchen Taten etwas bewegen wollen. "Sie wollen sehen, dass durch ihr Tun etwas passiert."

Die überlebenden Insassen, wie nun der Vater mit seinen beiden kleinen Kindern, werden es Susanne Laumeyers Erfahrung nach schwer haben, den Schock zu verarbeiten. "Sie brauchen eine gute Betreuung. Noch verdrängt ihre Seele, was passiert ist, aber irgendwann wird der schreckliche Tag durchkommen."

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