Täuschungsmanöver bei der Prüfung Schule verhindert Handy-Schummelei beim Abi
Odenthal · Das Gymnasium Odenthal setzt als erste Schule ein Gerät ein, das Smartphone-Frequenzen feststellen kann. Auch das Schulministerium beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Täuschungsversuche durch Technik vermeiden lassen.
Die Schüler haben sich längst an das kleine schwarze Gerät gewöhnt, das während ihrer Klausuren zwischen Kugelschreiber und Kaffeetasse auf dem Lehrerpult liegt. Die Lehrer, die während der Prüfungen Aufsicht führen, haben auch das Display des Frequenzmessers stets im Blick. "So können wir feststellen, ob sich ein eingeschaltetes Handy im Raum befindet", sagt die Schulleiterin des Gymnasiums Odenthal, Angelika Schmoll-Engels. "Alle Mobiltelefone müssen vor der Prüfung abgegeben werden." Erwischt worden ist bisher niemand.
Als erste Schule hat das Gymnasium Handy-Schummeleien den Kampf angesagt. Misst das Gerät Frequenzen im Prüfungsraum, zeigt es per Balkendiagramm die Stärke an. Je näher der Detektor dem Ursprung kommt, desto mehr Balken erscheinen auf dem Display.
Ein konkreter Fall gab den Anstoß
Anlass für die Überlegung, das Gerät anzuschaffen, war das Täuschungsmanöver eines Schülers im Vorjahr. "Mitschüler haben uns nach der Klausur zugetragen, dass jemand mit Hilfe eines Smartphones gepfuscht hat", sagt Angelika Schmoll-Engels. Seinen Namen hätten die Schüler zwar nicht verraten, aber bei der sorgfältigen Sichtung der Klausuren sei klar gewesen, um wen es sich handelte. "Ganze Textpassagen stammten aus dem Internet", sagt die Schulleiterin. "Inhaltlich war die Klausur eine gute Leistung." Unter diesen Umständen wurde die Arbeit als ungültig erklärt.
Physiklehrer Uwe Fischer ist auf die Idee gekommen, das Gerät zum Preis von 150 Euro im Internet zu bestellen. Ein halbes Jahr lang hat die Schule ihre neue Anschaffung getestet, schließlich muss das Gerät genau auf den jeweiligen Raum eingestellt werden. Geht draußen jemand mit einem Handy vorbei, darf kein Fehlalarm ausgelöst werden. In den Vorabi-Klausuren kam der Frequenzmesser erstmals zum Einsatz. "Der Fall im Vorjahr hat für Unmut unter unseren Schülern gesorgt", erinnert sich die Rektorin. Auch die Elternschaft hätte gefordert, Täuschungsversuche mit Smartphones zu unterbinden. Die aufsichtführenden Lehrer hätten geschworen, dass sie von dem Pfusch nichts mitbekommen haben.
Auch das Ministerium ist eingeschaltet
Das Schulministerium weist darauf hin, dass Handys und andere elektronische Geräte — auch im ausgeschalteten Zustand — grundsätzlich in Prüfungen verboten sind und eingesammelt werden müssen. Das handhabt auch das Gymnasium in Odenthal seit Jahren so. Als die Lehrer sich die Handys, die nach den Klausuren nicht wieder abgeholt worden sind, genauer angeschaut haben, stellten sie fest: "Bei vielen fehlten die SIM-Karten. Es handelte sich also offensichtlich um Zweithandys", resümiert Schmoll-Engels.
Dass Smartphones, Tablet-PC, MP3-Geräte und iPods in Prüfungen zunehmend zum Problem werden, beschäftigt auch das Schulministerium. "In der aktuellen Debatte um das Zentralabitur liegt ein Schwerpunkt auf der Verhinderung von Täuschungsversuchen durch technische Hilfsmittel", sagt eine Sprecherin. Rechtlich spreche nichts gegen den Einsatz von Frequenzmessern. Schließlich verletze ein Gerät, das lediglich Frequenzen feststellen kann, nicht die Rechte der Schüler.
Die Schüler bleiben gelassen
Anders sieht es hingegen bei Sendern aus, die Störgeräusche an alle Empfänger in der näheren Umgebung aussenden. Diese Geräte sind telekommunikationsrechtlich verboten. Ebenfalls untersagt ist der Einsatz von Handy-Ortungssystemen. Geräte, die Handys individualisierbar aufspüren, betreffen die Persönlichkeitsrechte und dürfen auch aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht eingesetzt werden.
Die Schüler reagieren gelassen, wenn die Lehrer das Messgerät auf das Pult legen, versichert die Rektorin. Auch bei den Eltern käme die Maßnahme gut an. Schmoll-Engels ist froh, dass bisher kein Schüler überführt worden ist. Das Gerät sei Abschreckung genug. Die Schulleiterin betont, dass sie allen Schülern grundsätzlich vertraue: "Wir sind keine Kontrollfreaks." Aber sie weiß, dass der Druck vor Abi-Prüfungen groß ist — genau wie die Versuchung. Der gute, alte Spickzettel sei nahezu ausgestorben. "Da standen früher bloß Formeln drauf, und die nützten wenig, wenn man sie nicht anwenden konnte. Heute steht den Schülern mit dem Internet die ganze Welt offen."