Großeinsatz im Bergischen Land Schneelast­ - Einsturzgefahr für Dächer

Wermelskirchen (RPO). Der Schnee der vergangenen Tage und das einsetzende Tauwetter bergen vor allem für Flachdächer hohe Risiken. Weil das Gewicht steigt, drohen die Konstruktionen einzustürzen. Im Sauerland ist bereits eine Lagerhalle zusammengebrochen. Im Bergischen waren hunderte Einsatzkräfte unterwegs, um Dächer zu räumen. Auch am Donnerstag bleiben Gebäude gesperrt.

Was tun bei Schnee auf dem Dach?
Infos

Was tun bei Schnee auf dem Dach?

Infos
Foto: Krone

Claudia Eckstein aus Halzenberg sitzt der Schock noch in den Knochen. Mit den Händen hat sie ihre 38-jährige Mieterin aus den Schneemassen gegraben. Eine Dachlawine hatte die Mutter einer kleinen Tochter gegen acht Uhr verschüttet. Mehr durch Zufall hat Claudia Eckstein das bemerkt.

Die Verschüttete hatte sich selbst nicht befreien können, die komplette Schneelast eines Hauses lag auf ihr. Die Frau liegt im Krankenhaus; ihr geht es den Umständen entsprechend gut.

Die enormen Schneemengen, die sich auf den Dächern angesammelt haben, hielten im Bergischen sowie im Sauerland Technisches Hilfswerk (THW) und Feuerwehren in Atem. In Remscheid waren mehr als 500 Einsatzkräfte unterwegs und räumten die Dächer frei . Seit dem Flugzeugabsturz von 1988 gab es keinen vergleichbaren Großeinsatz.

Zahlreiche Dächer, vor allem flache Stahldächer und Holzdächer in Leichtbauweise, drohten einzustürzen. Fabrikhallen waren betroffen, aber auch das Teo Otto Theater und eine Reithalle, wo ein Teil des Daches unter den Schneemassen nachgab. Verletzt wurde niemand.

Schnee in Aula geworfen

In Solingen musste das Dach des Theaters vom Schnee befreit werden. In Hückeswagen räumten 30 Einsatzkräfte das Dach einer Lagerhalle ­ "ein Balken hatte sich bis zum Bersten gebeugt”, so der Einsatzleiter. Am Nachmittag sicherte die Feuerwehr das Hallendach einer Schul-Turnhalle. Auch in Radevormwald wurden Schulen und Kitas vom Schnee befreit. In einer Grundschule wurden Lichtkuppeln geöffnet, der Schnee in die darunter liegende Aula geworfen und ins Freie transportiert.

In Wermelskirchen schafften es 80 Männer nicht, das Dach des Hochregallagers von Lux Logistik freizuschaufeln, immerhin 35.000 Quadratmeter. Das Lager bleibt geschlossen, wie auch zehn Sporthallen und zehn Nebengebäude. Laut Stadt hat sich das Schneegewicht innerhalb eines Tages von 70 auf 110 Kilogramm pro Quadratmeter erhöht.

Mit den steigenden Temperaturen erledigt sich das Thema nicht sofort. "Wenn der Schnee auf dem Dach tagsüber taut, aber nachts wieder gefriert, steigt das Gewicht weiter, ­ und es kann zu einer Überlastung des Gebäudes kommen”, sagt Bernd Riedel, Leiter Bautechnik beim TÜV Rheinland. Entscheidend ist die DIN-Norm für die Lastannahme eines Hauses, die aufgrund der meteorologischen Daten regional unterschiedlich bestimmt wird. Wird dieser Grenzwert für die Schneelast erreicht, entscheiden die Kommunen, ob ein Gebäude gesperrt wird.

Eigentümer in der Pflicht

Grundsätzlich hat der Eigentümer dafür zu sorgen, dass kein Schaden passiert. "Seit dem Einsturz von Bad Reichenhall ­ wo es Konstruktionsmängel gab und die Schneelast nur der Auslöser war, ­ ist die Sensibilität für Standfestigkeit von Gebäuden größer geworden”, so Riedel. Auch der TÜV bietet an, die Schneelast von Sachverständigen messen zu lassen.

Bisher sind in Nordrhein-Westfalen eine Lagerhalle in Attendorn und ein Kuhstall im Oberbergischen eingestürzt. In Bayern brachen zwei Lagerhallen ein, im Odenwald fiel ebenfalls ein Kuhstall unter der Schneelast in sich zusammen. Die 52 Kühe mussten notgeschlachtet werden.

In den nächsten Tagen soll sich das Wetter in NRW zwar leicht entspannen. Trotzdem bleiben etwa in Wuppertal noch rund 100 Sporthallen geschlossen. Bis auf wenige Ausnahmen öffnen die Schulen am Donnerstag wieder, nur im Oberbergischen bleiben noch viele gesperrt.

(top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort