Zerstückelte Frau im Tollensesee Schauriges Puzzle in Mecklenburg-Vorpommern

Neubrandenburg · Wer ist die zerstückelte Frau? Seit dem Neujahrstag werden an einem See in Neubrandenburg immer wieder Leichenteile gefunden. Die Polizei steht vor einem Rätsel und sucht Kontakt zu Kollegen in Leipzig und Niedersachsen. Auch diese ermitteln wegen zerstückelter Leichen.

 Über 100 Bemate suchen den Tollensesee nach weiteren Leichenteilen ab.

Über 100 Bemate suchen den Tollensesee nach weiteren Leichenteilen ab.

Foto: dapd, Thomas Haentzschel

Es ist ein grausiges Bild und für die Beamten zermürbend: Immer wieder tragen Polizisten einzelne Leichenteile in blauen Plastiktüten davon. Seit dem Neujahrstag wird am und im Tollensesee bei Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern nach Leichenteilen gesucht. Nachdem Passanten am Rad- und Wanderweg Körperteile einer toten Frau entdeckt hatten, suchen bis zu 100 Frauen und Männer die Uferbereiche des elf Kilometer langen Sees ab.

Zwar wurden weitere Körperteile gefunden, doch auf den oder die Täter gibt es noch keine Hinweise. "Es gibt noch keine heiße Spur", räumt Oberstaatsanwalt Gerd Zeisler am Donnerstag ein. Auch die Identität des Opfers ist nicht geklärt. Für die Ermittler ist dies ein Mord-Puzzle, denn nur wenige Teile der Leiche wurden gefunden.
"Wir konnten zwar Fingerabdrücke nehmen, aber da gab es keinen Treffer", sagt Zeisler: "Solch eine Fall hatte ich in meinen 30 Jahren als Staatsanwalt noch nie."

Am Augustabad in Neubrandenburg, wo der Wind die Wellen ans Ufer peitscht und die Spielgeräte verlassen stehen, ist der Fall das Hauptgesprächsthema. "Die Polizisten sind gerade wieder weg", sagt eine junge Kellnerin im Seerestaurant. In blaue Plastiktüten verpackt hätten die Polizisten mehrere Körperteile abtransportiert. Aus dem Lokal heraus kann man das Nordufer sehen - und auch fast alle Fundorte. Die Ermittler fragen sich vor allem, wo warfen der oder die Mörder die Körperteile ins Wasser und warum.

Experte: Vermutlich Tat aus dem Milieu

Experten, wie der Stralsunder Gerichtspsychiater Stefan Orlob, halten das kriminelle Milieu für den wahrscheinlichsten Hintergrund. "In den meisten Fällen versuchen Täter so zu verhindern, dass die Identität der Opfer bekannt wird", sagte Orlob. Wenn etwa eine osteuropäische Frau aus dem Rotlichtmilieu verschwinde und in ihrer Heimat keiner wisse, wo sie eigentlich war, sei das schwer aufzuklären.

Gerade weil solche grausamen Zerstückelungen selten sind, sprechen sich die Neubrandenburger Ermittler inzwischen auch mit Kollegen aus anderen Bundesländern ab. "Wir stehen mit Leipzig und mit Hannover in Verbindung", sagt Zeisler. In Leipzig waren Ende 2011 Körperteile eines 23-jährigen Mannes in einem Flutbecken des Elsterflusses gefunden worden. Erst am Wochenende wurde ein weiteres Körperteil entdeckt. Der Mord ist ebenfalls noch nicht geklärt. In Niedersachsen gab es mehrere Fälle zerstückelter Leichen in den letzten zwei Jahren, die sich größtenteils als Beziehungstaten entpuppten.

Die Ermittler in Neubrandenburg sehen sich vor allem auf die Hilfe von Zeugen angewiesen, die zu Weihnachten oder danach am wenig zugänglichen See verdächtige Fahrzeugbewegungen gesehen haben oder eine alleinstehende Frau vermissen. "Bisher ist weder die Identität des Opfers, noch die Todesursache klar", sagt der Staatsanwalt. Rechtsmediziner konnten nur sagen: Die Frau soll 25 bis 55 Jahre alt sein, und die Leichenteile wurden um Weihnachten herum in den See geworfen.

"Das ist eine Schweinerei, das es so was geben kann", schimpft ein 61-jähriger Jäger aus dem benachbarten Klein Nemerow. Denkbar sei, dass Kriminelle aus dem Raum Berlin/Brandenburg Beweise im Tollensesee versenken wollten, heißt es. Vor neun Jahren hatten sich die Polizei mit einem solchen Fall beschäftigen müssen. Damals waren zwei ukrainische Autohändler bei Berlin-Kaulsdorf erschossen und ihre Leichen mit Steinen beschwert in einen See an der Landesgrenze Brandenburgs zu Mecklenburg geworfen worden. Genutzt hatte es den Tätern nichts. Die zwei Berliner wurden gefasst.

(dpa)
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