Regensburg Bislang 422 Misshandlungs-Opfer bei Domspatzen

Regensburg · Bisher haben sich 422 mögliche Opfer im Zuge der Aufarbeitung der Misshandlungs- und Missbrauchsfälle bei den Regensburger Domspatzen gemeldet. Das teilte Bischof Rudolf Voderholzer am Mittwoch in Regensburg mit.

 Die Türme des Regensburger Doms im Nebel.

Die Türme des Regensburger Doms im Nebel.

Foto: dpa, awe tmk htf

Die Vorgänge gehörten zu den "bedrückendsten Erfahrungen und schwersten Lasten meiner Amtszeit", fügte er hinzu. Voderholzer trat erstmals gemeinsam mit Betroffenen in der Öffentlichkeit auf. Er rief mögliche weitere Opfer auf, sich zu melden und Hilfsangebote wahrzunehmen.

Bei dem weltberühmten Knabenchor kam es zwischen 1953 und 1992 in Hunderten Fällen zu körperlicher und sexueller Gewalt. Der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber untersucht die Vorfälle seit Mai 2015. Der unabhängige Sonderermittler sprach in einem Zwischenbericht von einem "System der Angst", das jahrzehntelang in den Einrichtungen der Domspatzen geherrscht habe. Einen Abschlussbericht will der Jurist im kommenden Jahr vorlegen.

Voderholzer stellte weitere Maßnahmen für eine "effektive und nachhaltige Aufklärung" der Fälle vor. Dazu gehören eine soziologische und eine historische Studie, mit denen die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) von Bund und Ländern in Wiesbaden sowie der Regensburger Historiker Bernhard Löffler beauftragt werden. Zudem können sich weitere Opfer kostenlos an eine unabhängige Anlaufstelle wenden, das Münchner Informationszentrum für Männer (MIM). Ein sogenanntes Anerkennungsgremium wird über die Schwere der Fälle und die Höhe von Geldzahlungen entscheiden.

Voderholzer, der seit Januar 2013 Bischof von Regensburg ist, hat die Opfer wiederholt öffentlich um Vergebung gebeten. Dabei bedauerte er zugleich, dass frühere Versuche einer Selbstkorrektur "zu wenig wirksam" gewesen seien. Auch seien Ausmaß und Schwere der durch nichts zu rechtfertigenden Übergriffe unterschätzt worden, erklärte der Bischof. Oberstes Ziel der Aufarbeitung sei, den Opfern Anerkennung, Genugtuung und so "vielleicht auch ein wenig Heilung ihrer schweren Wunden zu verschaffen".

(felt/KNA)
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