Muslimischer Fastenmonat beginnt Was mir der Ramadan bedeutet

Düsseldorf · Am heutigen Donnerstag beginnt der muslimische Fastenmonat, der Ramadan. Unser Autor Cenk Cigdem sagt, warum es ihm wichtig ist, 18 Stunden weder zu essen noch zu trinken.

Vielen meiner Freunde tue ich leid, wenn ich ihnen erzähle, dass heute der muslimische Fastenmonat Ramadan beginnt. Manche von ihnen reagieren regelrecht panisch oder übertrieben höflich: Sie verstecken ihre Butterbrote, zögern, die Wasserflasche hervorzuholen, und lassen schnell Schokoladenriegel hinter dem Rücken verschwinden, bevor ich sie sehen kann. "Bloß nicht in Versuchung führen", sagen sie.

So beginnt für mich beinahe jedes Jahr die Fastenzeit. Dabei ist doch genau das meine Prüfung: Fasten und der Versuchung widerstehen. Bis zur Versuchung kommt es allerdings nicht. Meine Freunde überhören es, wenn ich ihnen sage, es sei kein Problem, wenn sie neben mir essen. Sie vermeiden grundsätzlich Gespräche übers Essen.

Verständlich: Von außen betrachtet sehen sie einen Menschen, der zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang weder isst noch trinkt. 18 Stunden, 30 Tage lang. Welcher vernünftige Mensch tut das, mitten im Sommer? Ich. Und mit mir vermutlich viele der vier Millionen anderen Muslime in Deutschland.

Innerlich wird es den meisten ähnlich gehen wie mir: Der Monat Ramadan gibt mir eine besondere Kraft. So faste ich nicht, um nichts zu essen. Ich faste für innere Stärke und Disziplin. Handle nach dem Bedarf, nicht nach Gelüsten. Wähle meine Worte bedachter, statt einfach drauflos zu quasseln. Ich suche meine körperlichen Grenzen und überrasche mich selbst damit, wie wenig Nahrung mir genügt.

Es gibt Momente, in denen ich nach Sonnenuntergang vor den leckersten Speisen sitze. Und am Ende esse ich vielleicht nur trockenes Brot. Zusammen mit etwas Schwarztee. Hauptsache, die Familie ist beisammen. Dann überkommt mich Dankbarkeit.

Gemeinsam lernen wir, uns im Alltag neu zu organisieren: Einkäufe werden nur nach Tagesbedarf erledigt, damit nichts verdirbt. Sport verlege ich in die Nacht. An Wochenenden treffe ich mich mit meinen muslimischen Freunden zum Nachtfußball: "90 Minuten, ohne Pause - ich halte trotzdem durch", sage ich mir und freue mich darüber.

Die kommerzielle Seite des Ramadan
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Ich wünsche mir, dass auch meine nicht-muslimischen Freunde mit uns zum Kicken kommen. Dass sie das Fastenbrechen mit uns kennenlernen. Vielleicht würde es ihnen glaubhafter erscheinen, wenn sie sehen, dass es für uns einfach eine außergewöhnliche Zeit ist. Wir haben uns nämlich längst darauf eingestellt. Es ist längst ein Teil unseres Lebens geworden.

Vielen meiner Freunde tue ich leid, wenn ich ihnen erzähle, dass heute der muslimische Fastenmonat Ramadan beginnt. Mir wäre es lieber, sie wären neidisch.

(RP)
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