Gefangene sollen Mitinsassen misshandelt haben Prozess um Folterskandal in Jugendgefängnis vertagt

Leipzig (RPO). Der Prozess um einen Folterskandal im Jugendgefängnis Regis-Breitingen (Landkreis Leipzig) wurde am Dienstag kurz nach der Verlesung der Anklageschrift vom Landgericht Leipzig vertagt. Der Grund ist das Nicht-Erscheinen eines psychiatrischen Sachverständigen aus Tübingen, der vor Gericht aussagen sollte.

 Der im Prozess um den Folterskandal im Jugendgefängnis Regis-Breitingen angeklagte 17-Jährige, Nouredine F. (l.), sitzt am Dienstag kurz vor Prozessbeginn in einem Verhandlungssaal neben seinem Anwalt Stephan Bonell.

Der im Prozess um den Folterskandal im Jugendgefängnis Regis-Breitingen angeklagte 17-Jährige, Nouredine F. (l.), sitzt am Dienstag kurz vor Prozessbeginn in einem Verhandlungssaal neben seinem Anwalt Stephan Bonell.

Foto: ddp, ddp

Der Mann hatte den Termin nach Angaben des Vorsitzenden Richters vergessen. In dem Prozess sind ein 17-Jähriger und ein 26-Jähriger unter anderem wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Den beiden Männern wird vorgeworfen, im Mai 2008 einen damals 18 Jahre alten Mitinsassen tagelang gedemütigt und geschlagen zu haben. Durch Folter sollen sie zudem versucht haben, ihn in den Selbstmord zu treiben. Das Opfer leidet bis heute unter den Folgen der Misshandlungen.

Die beiden Angeklagten hatten dem jungen Mann laut Anklage zunächst mit heißem Wasser aus einer Kaffeemaschine den Rücken verbrüht. Er erlitt dabei Verbrennungen ersten und zweiten Grades, wie Staatsanwalt Ulrich Jakob sagte. Später folgten entwürdigende Rollenspiele sowie Schläge und Tritte. Die beiden Angeklagten sollen ihr Opfer auch mit einem Besenstiel malträtiert haben. Zweimal wollte sich der junge Mann nach Angaben von Jakob das Leben nehmen. Er habe jedoch an seine Familie gedacht und auch nicht den Mut gehabt, den Suizid zu vollenden.

Am 24. Mai sollen die beiden Angeklagten versucht haben, ihr Opfer zu erdrosseln, weil dieses sich nicht - wie von ihnen beabsichtigt - selbst stranguliert hatte. Laut Staatsanwalt würgten sie ihren Mitgefangenen und drohten, ihm mit dem Messer ein Ohr abzuschneiden. Der 18-Jährige habe sich erfolgreich gewehrt, sei dafür aber erneut geschlagen worden. Als die beiden Peiniger nach den Misshandlungen kurz die Zelle verließen, habe sich das Opfer an einen Anstaltsbediensteten gewandt, ihm aber lediglich von seinem Suizidversuch berichtet.

Die Folgen ihres Verhaltens seien den Angeklagten gleichgültig gewesen, sagte der Staatsanwalt. Auch der 17-Jährige habe die erforderliche Reife gehabt, um das Unrecht seiner Tat einzusehen. Noch vor der Verlesung der Anklageschrift hatte das Gericht einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit wegen des jugendlichen Alters eines der Angeklagten abgelehnt.

Täter wie Opfer saßen im Jugendgefängnis geringfügige Strafen ab. Der 18-Jährige galt als ruhiger und zurückhaltender Häftling. Im Oktober 2008 wurde er aus der Haft entlassen. Insgesamt war gegen neun Beschuldigte ermittelt worden. Die beiden Angeklagten sitzen auch jetzt noch im Gefängnis. Der 26-Jährige wurde mittlerweile ins Torgauer Gefängnis verlegt.

Der Prozess wird am Mittwoch unter anderem mit der Zeugenvernehmung des Opfers fortgesetzt. Das Urteil wird voraussichtlich am 10. Februar fallen.

(DDP/jre)
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