Christoph Metzelder vor Gericht „Ich werde den Rest meines Lebens mit dieser Schuld leben müssen“

Düsseldorf · Der Prozess gegen Christoph Metzelder endete bereits am ersten Verhandlungstag, nachdem der Ex-Fußball-Profi ein Teilgeständnis abgelegt hatte. Zehn Monate Haft auf Bewährung für den Besitz und die Weitergabe kinder- und jugendpornografischer Schriften lautet das Urteil. Er habe „Extremfantasien“ in Chats ausgetauscht, sagte Metzelder vor Gericht.

Prozess gegen Christoph Metzelder in Düsseldorf gestartet
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Foto: dpa/Federico Gambarini

Wenige Minuten vor Beginn des Prozesses betritt Christoph Metzelder am Donnerstagmorgen mit seinen Verteidigern und begleitet von mehreren Wachtmeistern das Justizgebäude in Düsseldorf. Dutzende Fotografen hatten seit dem frühen Morgen auf die Ankunft des Angeklagten gewartet, 16 Wachtmeister waren eingesetzt – am Dienstagabend hatte das Amtsgericht noch verfügt, dass nur in abgegrenzten Bereichen Bilder- und Filmaufnahmen gemacht werden dürfen, „aus Gründen der Sicherheit“, hieß es.

Nach vielen Monaten ist dies der erste öffentliche Auftritt des Ex-Fußball-Nationalspielers. Bis heute hat der 40-Jährige persönlich geschwiegen zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Metzelder nimmt zwischen seinen drei Anwälten Platz, während die Staatsanwältin die Anklage verliest, macht er sich hin und wieder Notizen. Metzelder soll im Sommer 2019 drei Frauen in insgesamt 29 Fällen kinderpornografische Bilder und Videos per Whatsapp zugeschickt zu haben.

Die Bilder zeigen laut Anklage den schweren sexuellen Missbrauch von Jungen und Mädchen unter 14 Jahren. Einige Kinder waren jünger als zehn Jahre alt. Zum Versand der Bilder sei es im Austausch mit den Frauen per Chat über sexuelle Neigungen gekommen, wie die Staatsanwältin sagt. Die meisten Chats waren laut Anklage am frühen Morgen oder spät abends. Bei einer Durchsuchung wurde im Herbst 2019 Metzelders Mobiltelefon sichergestellt. Darauf befanden sich laut Staatsanwaltschaft 297 kinder- und jugendpornografische Bilder und Videos, die Metzelder „mit der Zielsetzung der sexuellen Erregung“ gespeichert hatte.

Keine halbe Stunde nach Beginn wird der Prozess unterbrochen. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung ziehen sich zu einem Rechtsgespräch zurück, das mehr als zweieinhalb Stunden später mit dem Ergebnis endet, dass keine Verständigung zustande kam. Das Gericht hatte Metzelder eine Bewährungsstrafe von zehn bis zwölf Monaten im Gegenzug für ein Geständnis in Aussicht gestellt. Aber: „Die Staatsanwaltschaft wollte keine Verständigung herbeiführen“, sagt die Amtsrichterin. Und dann redet Metzelder. Erst mit fester Stimme. Er spricht von seiner persönlichen Verantwortung und dass er sich in den vergangenen Monaten mit den Tatvorwürfen auseinandergesetzt habe. Er gesteht den Besitz von 18 Bilddateien. „Ich habe nur das besessen, was ich verschickt habe“, sagt er. „Es gab keine Übergriffe gegen Kinder und Jugendliche. Und es waren auch keine Übergriffe geplant.“ Er wisse aber, „welches unsägliche Leid“ hinter solchen Bildern und Videos stecke. Er habe „Extremfantasien“ in den Chats ausgetauscht, Metzelder spricht von der „Faszination des Unaussprechlichen“. Er betont, nicht in einschlägigen Foren oder im Darknet nach Bildern gesucht zu haben. „Es waren frei zugängliche Seiten des Internets und ich habe Screenshots verschickt“, sagt er. „Ich akzeptiere die Strafe und möchte die Opfer sexueller Gewalt um Verzeihung bitten.“ Metzelders Stimme bricht, er ist den Tränen nahe. Dann sagt er: „Ich werde den Rest meines Lebens mit dieser Schuld als Teil der Gesellschaft leben müssen.“

Schon am Vormittag hatte Metzelder eine kurze Einlassung verlesen. Er sei in Haltern am See geboren, habe drei Geschwister, seine Eltern seien Ärzte. Er sei ledig und habe eine Tochter. Er nannte die Stationen seiner Profi-Fußball-Karriere, Borussia Dortmund, Real Madrid, Schalke und das Ende seiner sportlichen Karriere im Jahr 2013 nach langer Verletzungszeit. Danach habe er eine Sportmarketing-Agentur in Hamburg gegründet, „darüber hinaus habe ich mich sozial engagiert“, sagte er. 2006 habe er die Christoph-Metzelder-Stiftung gegründet, eine Erwähnung „nicht ohne Stolz“, wie er sagte. Die Stiftung setzte sich für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche ein.

 Der ehemalige Fußballspieler Christoph Metzelder im Gerichtssaal des Amtsgerichts Düsseldorf mit seinen Anwälten Julia Donnepp und Ulrich Sommer.

Der ehemalige Fußballspieler Christoph Metzelder im Gerichtssaal des Amtsgerichts Düsseldorf mit seinen Anwälten Julia Donnepp und Ulrich Sommer.

Foto: AP/Wolfgang Rattay

Seit dem Sommer 2020 wird sie ohne den Namen Metzelder weitergeführt. Dann erwähnte der Angeklagte seine „zahlreichen Auszeichnungen“, die er für sein soziales, ehrenamtliches Engagement erhalten habe. Er führt den Landesverdienstorden NRW und das Bundesverdienstkreuz an. „Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens werde ich alle Auszeichnungen zurückgeben“, sagte Metzelder.

Den 3. September 2019 bezeichnete er als „berufliche, private und gesellschaftliche Zäsur“. Es war der Tag, an dem die Ermittler seine Wohn- und Geschäftsräume durchsuchten. „Ich lebe seitdem zurückgezogen“, sagte Metzelder.

Am Nachmittag verkündet die Amtsrichterin das Urteil: Zehn Monate Haft auf Bewährung für den Besitz und die Weitergabe kinder- und jugendpornografischer Schriften in 26 Fällen. Das Gericht geht vom Besitz der Dateien aus, die er versandt hatte. Die Richterin hält Metzelder sein Geständnis zugute, und die Tatsache, dass er „echte Reue“ gezeigt habe. Metzelder habe sich zudem sehr früh in therapeutische Behandlung begeben. Als „faktisch vorausgegangene Strafe“ bezeichnete sie die frühzeitige Berichterstattung über den Fall, durch die es zu einer Vorverurteilung gekommen sei. Andererseits müsse Metzelder ein bestimmtes Interesse der Öffentlichkeit hinnehmen, sagte sie. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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