Gebeuteltes Bistum Limburg Proteste vor dem Dom, Messe ohne Bischof

Limburg · Vor dem Limburger Dom singen und beten engagierte Christen nach der Messe. Wegen der Querelen um Bischof Tebartz-van Elst fordern sie einen Neubeginn. Der Oberhirte selbst zeigt sich am Sonntag nicht.

Das ist der umstrittene Bischofssitz von oben
5 Bilder

Das ist der umstrittene Bischofssitz von oben

5 Bilder
Foto: dpa, Thomas Frey

Kalt und zugig ist es an diesem Sonntag auf dem Domplatz in Limburg. Im scharfen Wind knattern die Fahnen des Bistums. Darunter haben sich nach der Sonntagsmesse trotz der ungemütlichen Witterung rund 150 Gläubige versammelt. Um Punkt zwölf Uhr mittags brandet spontaner Beifall auf: Die Domuhr - sie hat nicht zwölf, sondern dreizehn Mal geschlagen. Das ungewöhnliche Geläut ist Teil einer spontanen Protestaktion gegen den heftig umstrittenen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Aufgerufen haben engagierte Christen aus dem gesamten Bistum.

Unter ihnen ist Joachim Schaefer, Pastoralreferent der katholischen Domkirchengemeinde Wetzlar. Wie seine Mitstreiter in den Glockenturm gelangt sind, um an der Uhr zu drehen, will er nicht verraten. Man habe ein Zeichen setzen wollen, sagt er nur. "Ich schätze, dass 90 bis 95 Prozent der Gläubigen im Bistum für den Rücktritt des Bischofs sind." Ihnen wolle man ein Forum geben, um Protest auszudrücken. Viele hätten immer noch Angst, ihre Meinung öffentlich zu äußern - für Schaefer ein Teil des Problems: "Es gibt in der katholischen Kirche keine demokratische Kultur, keine Streitkultur."

Die Messe um 10.15 Uhr ist mit rund 200 Gläubigen gut besucht. Den Bischof bekommen sie indes nicht zu Gesicht. Der ist inzwischen nach Rom gereist, wie sein Sprecher am Sonntag bestätigt. Den Gottesdienst leitet Dompfarrer Gedeon Rehberg.

"Wir hatten einen sehr guten Bischof"

Einige Messbesucher äußern sich im Anschluss zurückhaltender über Tebartz-van Elst als die Kritiker vor dem Dom. "Wir hatten die letzten fünf Jahre einen sehr guten Bischof, der viel für die Gemeinde getan hat", sagt Manfred Schäfer aus Limburg. Nun werde der Bischof vorverurteilt, viel Dreck über ihm ausgeschüttet. "Das finde ich ein bisschen unfair." Eine ältere Dame, die anonym bleiben möchte, sieht die Affäre sogar positiv: "Jetzt können wir uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren, auf die Botschaft Christi." Durch die Aufdeckung der Vorfälle um den Bischof habe die Kirche gezeigt, dass sie demokratisch sei.

"Ich schätze es so ein, dass der Bischof psychisch krank ist", sagt dagegen Gerhard Krach, der nach eigenen Angaben seit 1945 allen Bischöfen als Messdiener gedient hat. Allen - außer Tebartz-van Elst.
Zur Ehrenrettung des Bischofs müsse er aber sagen, dass ihm der Bischof persönlich auf einen Beschwerdebrief geantwortet, ihn sogar zum Gespräch eingeladen habe. Dazu gekommen ist es bislang nicht.

Um fünf Minuten vor zwölf stimmen die Kritiker auf dem Domplatz um Joachim Schaefer ein Lied an mit dem Titel: "Andere Lieder wollen wir singen." Frank Speth, ein Theologe aus Haddamar in Nordhessen, der das geistliche Forum moderiert, ergänzt: "Lieder nicht des Reichtums und des Klerikalismus wollen wir singen. Sondern Lieder von Transparenz und Demokratie."

Einige Gläubige äußern sich über ein offenes Mikrofon. "Ich bin hier, weil ich mir meinen Glauben nicht kaputtmachen lassen will", sagt eine Frau. "Ich bete für die Heilung von der Großmannssucht unseres Bischofs", erklärt ein anderer Katholik. Zum Ende der Kundgebung nehmen sich die Gläubigen an den Händen und bilden eine Menschenkette. Singend umringen sie den Bischofssitz.

An das rund zwei Meter hohe Stahlgitter vor dem Gebäude hat jemand ein längliches gelbes Plakat geheftet. "Hallo Herr Bischof von Limburg!", steht da geschrieben. "Das Thema Geld und Verfehlung hatten wir bereits im Oktober 1517, mit großer Wirkung. Vergessen? Hier noch einmal zum Nachlesen." Es folgen Martin Luthers 95 Thesen.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort