Verdächtige Lebensmittel gelagert Pferdefleisch-Skandal erreicht Neuss

Neuss · Der Skandal um falsch etikettiertes Fleisch zieht in NRW immer weitere Kreise. Nun wurde bekannt, dass ein Neusser Unternehmen rund 144 Tonnen Tiefkühlprodukte lagerte, die möglicherweise Pferdefleisch enthalten.

Deutsche Supermarktketten reagieren auf Pferdefleisch-Skandal
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Thomas Lemmerholz ist Geschäftsleiter der Firma Kühlhaus Düsseldorf. In den riesigen Kühlhäusern seines Unternehmens mit Sitz in Neuss lagern Lebensmittel aus Luxemburg und Frankreich, die im Verdacht stehen, mit Pferdefleisch verunreinigt zu sein.

Fast 144 Tonnen verdächtiger Ware sind in den vergangenen Monaten nach Deutschland geliefert worden — ein Großteil davon wurde in der Neusser Firma umgeschlagen, darunter vor allem Nudelgerichte wie etwa Lasagne und Cannelloni. Lammerholz ist um Aufklärung bemüht: "Wir arbeiten mit dem Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Rhein-Kreises zusammen." Die fragwürdigen Lebensmittelbestände wurden laut Geschäftsführung sofort in einen abgesperrten Bereich der Kühlhäuser gebracht.

Der Fund in Neuss am Wochenende ist nur ein Beleg dafür, dass NRW offenbar das am meisten vom Pferdefleischskandal betroffene Bundesland ist. Allein in den vergangenen Tagen wurden landesweit immer mehr Fertiggerichte entdeckt, die neben dem deklarierten Rindfleisch auch Pferdefleisch enthielten.

Remmel fordert Herkunftsangabe

Nachdem fast alle großen Discounter Tiefkühlprodukte mit verdächtigen Inhalten aus den Regalen genommen haben, hat nun auch die Kölner Supermarktkette Rewe wegen Verdachts auf Pferdefleisch tiefgekühlte Chili Con Carne und Spaghetti Bolognese aus dem Sortiment genommen. Betroffen sind die Produkte "Rewe Chili con Carne 350g" und "Rewe Spaghetti Bolognese 400g". Der Hersteller der betroffenen Produkte ist die Firma "Geniesser Service" von Starkoch Alfons Schuhbeck. Ein Rewe-Sprecher erklärte, dass das Unternehmen die Supermarktkette darüber informiert habe, dass es nicht ausschließen könne, dass die beiden Produkte Anteile von Pferdefleisch beinhalten. Kunden können die bereits gekaufte Ware zurückgeben.

Der Skandal schwappte vor wenigen Wochen von Großbritannien nach NRW über, nachdem in England und Irland Pferdefleisch in Hamburgern in Supermärkten gefunden worden waren. In die kriminellen Machenschaften sind europaweit Unternehmen verwickelt. Laut der europäischen Polizeibehörde Interpol besteht ein Netz aus Produzenten, Lieferanten und Händlern von Fertigprodukten. Von November 2012 bis Ende Januar sollen laut Behörden mindestens 359.722 Packungen mit Nudelgerichten, vor allem Lasagne und Cannelloni, aus Luxemburg nach Deutschland gekommen sein — ein Großteil davon nach Nordrhein-Westfalen.

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) forderte am Sonntag angesichts der neuerlichen Entwicklung eine Herkunftsangabe für verarbeitete Produkte. Hierzu müsse es auf europäischer Ebene einen klaren Vorstoß geben, sagte Remmel. Eine Herkunftskennzeichnung müsse aber nicht nur für Fleisch, sondern auch für Eierprodukte eingeführt werden, erklärte der Minister. Zudem müssten Behörden und Verbraucher rasch und möglichst auf einen Blick erkennen können, woher ein Produkt kommt und welchen Weg es bis in den Laden genommen hat.

Neusser Firma bleibt gelassen

Landesweit untersuchen derzeit Hunderte Lebensmittelkontrolleure verdächtige Tiefkühlprodukte. Auch das Düsseldorfer Amt für Verbraucherschutz beteiligt sich an der Suche nach Fertiggerichten, die unerlaubterweise Pferdefleisch enthalten könnten. In der Landeshauptstadt wurden in drei Supermärkten Lasagne der Marken Tip und Capri für eine Untersuchung mitgenommen. Sie könnten Pferdefleisch enthalten, meint Düsseldorfs Umweltdezernentin Helga Stulgies.

Die Chargen seien von den Märkten aus den Regalen genommen und teilweise schon vernichtet worden. Außerdem seien, so Stulgies, in anderen Läden 29 Proben von Hackfleischgerichten für eine Analyse genommen worden.

Der Geschäftsführer der vom Skandal betroffenen Neusser Firma bleibt gelassen. "Als reiner Dienstleister waren wir zu keinem Zeitpunkt Eigentümer der Ware und hatten mit dem Inhalt der Sendungen nichts zu tun", sagt Lemmerholz. Kontrolliert würden beim Wareneingang im Kühlhaus nur Vollständigkeit, Unversehrtheit und Temperatur. Für Inhalt oder Zusammensetzung der Produkte sei sein Unternehmen nicht verantwortlich.

(RP/das/csi/url)
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