Zahl der Kältetoten steigt weiter Osteuropa versinkt im Schnee

Die Kältewelle hat in Europa wieder Tote gefordert. Rumänien leidet besonders stark: Zehntausende sind bei 24 Grad unter Null von der Außenwelt abgeschnitten. In Serbien und Montenegro waren etwa 110.000 Menschen durch massiven Schneefall eingeschlossen. In Montenegro herrscht mittlerweile der Ausnahmezustand.

Kältewelle trifft Osteuropa besonders hart
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In den beiden ostrumänischen Provinzen Vrancea und Buzau waren nach Behördenangaben 30.000 Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Ihnen drohten Nahrungsmittel und Trinkwasser auszugehen. Im Dorf Carligul Mic in Buzai reichte die Schneedecke bis zu den Dächern der Häuser. Feuerwehrleute und Freiwillige halfen den Bewohnern, den Weg zu ihren Häusern freizugraben.

Wie das rumänische Gesundheitsministerium mitteilte, starben seit dem Beginn der extremen Kälte am 24. Januar 65 Menschen an Unterkühlung.

Seit Freitag bestand nach Angaben des rumänischen Verteidigungsministeriums eine Luftbrücke für Ortschaften, die nicht über den Landweg versorgt werden konnten. Einige dutzend Tonnen Lebensmittel wurden demnach bereits geliefert, mehr als tausend Soldaten seien im Einsatz. Der neue rumänische Regierungschef Mihai Razvan Ungureanu begab sich per Hubschrauber in die betroffenen Gebiete. Die Temperaturen lagen bei 24 Grad minus. Der Wetterdienst sagte für Sonntag mehr Schneefälle voraus, unter anderem im Südwesten des Landes.

Die Donau war weiterhin auf einer Länge von hunderten von Kilometern für den Schiffsverkehr gesperrt. Große Eisblöcke machten die längste Schifffahrtstraße des Kontinents unsicher. Bei Silistra in Bulgarien war der Strom auf einer Strecke von elf Kilometern komplett zugefroren. Auf anderen Teilen des 450 Kilometer langen bulgarischen Donauabschnitts trieben dicke Eisschollen. Über einen Eisbrecher verfügt Bulgarien nicht. In der Nähe des Hafens Silistra im Nordosten Bulgariens fror die Donau vollständig zu.

Mit drei neuen Toten in Serbien und zwei im Kosovo stieg die amtliche Zahl der seit vergangener Woche auf dem Balkan registrierten Kältetoten auf 42: 19 in Serbien, elf in Bosnien, vier in Montenegro, drei in Kroatien, jeweils zwei in Mazedonien und im Kosovo sowie einer in Albanien. In Serbien sollte es das ganze Wochenende über schneien. Die Regierung rief alle Unternehmen auf, am Montag und Dienstag ihre Tätigkeiten herunterzufahren oder ganz einzustellen, um Strom zu sparen. Für 2000 Betriebe, die "nicht lebenswichtig für das tägliche Leben" sind, wurde die Stromzufuhr bereits reduziert.

Ausnahmezustand in Montenegro

In Montenegro herrscht derweil der Ausnahmezustand. Der Nationale Sicherheitsrat unter Führung von Staatspräsident Filip Vujanovic habe einen entsprechenden Beschluss gefasst, berichteten Medien am Samstagabend. Mit Arbeitsverpflichtungen soll die Versorgung mehrerer tausend Menschen ermöglicht werden, die in vielen Dörfern von der Außenwelt abgeschnitten sind.

In der Hauptstadt Podgorica hatte es in der letzten Nacht einen halben Meter geschneit, der Flughafen von Podgorica war geschlossen. Für die nächsten Tage ist ein weiterer Meter Neuschnee vorausgesagt. Die Stadtverwaltung erließ bis auf weiteres ein Fahrverbot für allen privaten Pkw. Ein wichtiges Ziel sei die Stromreduzierung, da das Netz wegen der extremen Kälte und dem hohen Verbrauch zusammenzubrechen drohe.

Auch in Italien gab es wieder heftige Schneefälle. Erneut kamen sechs Menschen ums Leben. Zwei Frauen starben in Rettungsautos auf dem Weg ins Krankenhaus, als die Fahrzeuge im Schnee steckenblieben. In Rom sorgt seit Tagen andauernder Schneefall für Chaos. In der Heiligen Stadt blieben am Freitag zahlreiche Schulen und öffentliche Gebäude geschlossen. Zudem führte das eisige Winterwetter in Italiens Serie A zu zwei weiteren Spielabsagen. Die für Sonntag angesetzten Fußball-Partien FC Bologna gegen Juventus Turin und FC Parma gegen AC Florenz wurden verschoben. Für Juve und Parma ist es bereits die zweite Zwangspause wegen des Wetters.

Schiffsverkehr in Deutschland liegt lahm

In Deutschland wird das dicke Eis auf vielen Wasserstraßen zunehmend problematisch. Auf den Kanälen in Nordrhein-Westfalen war der Betrieb beinahe komplett lahmgelegt. Die meisten Kanäle sind dicht, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei Düsseldorf am Samstag. Auch auf dem Neckar hängen nach der Sperrung mehrerer Schleusen immer mehr Schiffe fest. Inzwischen seien 42 Schiffe zwischen Mannheim und dem Hafen Heilbronn vom Eis eingeschlossen, sagte Jörg Huber vom Wasser-und Schifffahrtsamt Heidelberg.

In Hamburg herrscht unterdessen Winterzauber: Auf der Außenalster haben sich am Samstag rund 500.000 Menschen bei Deutschlands größter Wintersause getummelt. 15 Jahre nach dem letzten offiziellen Alstereisvergnügen versuchten sie sich als Schlittschuhläufer, spielten Eishockey oder zogen ihre Kinder auf Schlitten über den 164 Hektar großen See mitten in der Stadt. Nach Angaben der Polizei haben sich zu Spitzenzeiten etwa 80.000 Menschen gleichzeitig auf dem Eis versammelt. Anders als beim letzten offiziellen Alstereisvergnügen 1997 dürfen aber in diesem Jahr keine Stände auf dem Eis stehen. Dafür locken am Ufer 60 Buden mit Glühwein, Punsch, Kakao, Würstchen und Waffeln.

Auf den Maschsee in Hannover wagten sich am Samstag ebenfalls Schlittschuhläufer und Familien mit Kinderwagen, mehr als 100.000 Besucher wurden am gesamten Wochenende erwartet. Der Maschsee war am Mittwoch freigegeben worden, nachdem eine Eisdicke von 13 Zentimetern erreicht worden war. Im Winter 2009 durfte der See zum letzten Mal betreten werden - auch damals kamen Zehntausende. Winterzauber auch im Spreewald: In Scharen pilgerten die Menschen am Samstag zu den zugefrorenen Gewässern. Die Gastronomen nutzten die Chance: "Einige haben wieder geöffnet", berichtete der Chef der Kahnfährgenossenschaft, Steffen Franke, im brandenburgischen Lübbenau. Andere stehen mit Glühwein oder warmer Suppe am Wegesrand und beköstigten die Touristen.

Es wird langsam wärmer

In Deutschland soll es in den kommenden Tagen wärmer werden. Tief Maike befreit Deutschland vom Kühlschrank-Wetter und bringt zum Wochenbeginn allmählich wieder Temperaturen über Null. Kältehoch Dieter werde an diesem Sonntag abziehen, sagte Diplom-Meteorologe Christoph Hartmann vom Deutschen Wetterdienst am Samstag in Offenbach. Am Montag kommt ein weiteres Tief und bringt Schnee, in den Niederungen in Nord- und Westdeutschland auch Regen. Deshalb droht Glättegefahr zum Start der Arbeitswoche.

(AFP/dpa)
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