Jahresbericht "Deutsche Einheit 2014" Ostdeutsche Wirtschaftskraft bleibt weiter unter Westniveau

München · Vor 25 Jahren ist die Mauer gefallen - die Bundesregierung zieht eine positive Bilanz für den Aufbau Ost. Die Annäherung der Lebensverhältnisse in Ost und West sei weitgehend gelungen, sagte die Bundesbeauftragte für die neuen Länder, Iris Gleicke (SPD), am Mittwoch bei der Vorstellung des Jahresberichts "Deutsche Einheit 2014".

 Iris Gleicke, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium und Beauftragte für die Belange der neuen Länder, stellt den Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2014 vor

Iris Gleicke, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium und Beauftragte für die Belange der neuen Länder, stellt den Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2014 vor

Foto: dpa, bvj jhe

Allerdings seien weitere Anstrengungen nötig, weil der wirtschaftliche Aufholprozess zuletzt langsam vorangeschritten sei. Die Wirtschaftskraft in den östlichen Bundesländern sei beachtlich gewachsen, heißt es im Jahresbericht, der in diesem Jahr auch auf die friedliche Revolution im Herbst 1989 zurückblickt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen umfasst, habe sich seit Anfang der 1990er Jahre mehr als verdoppelt, hob die Regierung hervor. Allerdings betrage das BIP erst rund zwei Drittel des Westniveaus, betonte Gleicke.

Insgesamt stehe die ostdeutsche Wirtschaft auf einem breiten Fundament, stellte die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium fest. Allerdings sei der Osten durch den Umwandlungsprozess nach dem Mauerfall geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen. Das weitgehende Fehlen von kapitalstarken Großbetrieben sei ein wesentlicher Grund dafür, dass die Arbeitsproduktivität im Osten immer noch deutlich niedriger ausfalle. "Damit können wir nicht zufrieden sein", sagte die Regierungsbeauftragte für die neuen Bundesländer.

Um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen, müsse die Wirtschaftskraft weiter gestärkt werden, forderte Gleicke. Damit werde sich auch die Steuerkraft der neuen Länder verbessern, die nur etwa zwei Drittel der alten Bundesländer betrage. Laut dem Jahresbericht beträgt das Steueraufkommen je Einwohner in den ostdeutschen Flächenländern 937 Euro. In den westdeutschen Flächenländern ist es mit 1837 Euro fast doppelt so hoch.

Die Arbeitslosenzahl in Ostdeutschland erreichte im vergangenen Jahr den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Auch die Jugendarbeitslosigkeit sei 2013 deutlich auf 9,6 Prozent zurückgegangen - dies sei im europäischen Vergleich ein niedriges Niveau, stellte Gleicke fest. Allerdings lag die Arbeitslosenquote mit 10,3 Prozent immer noch deutlich über der westdeutschen Arbeitslosenquote von 6,0 Prozent.

Die Abwanderung von jungen und qualifizierten Menschen aus den neuen Ländern konnte dem Bericht zufolge gestoppt werden. Mittel- bis langfristig sei aber vor allem in ländlichen Regionen mit einem weiteren massiven Bevölkerungsschwund zu rechnen, erklärte Gleicke. Die Erfahrungen, die die östlichen Länder machten, könnten mit Blick auf den demografischen Wandel auch für den Westen von Nutzen sein. Bei der Entwicklung intelligenter Modelle der Daseinsvorsorge leiste der Osten "Pionierarbeit".

Weiter verbessert hat sich dem Jahresbericht zufolge die Haushaltslage in den neuen Ländern. So liege der Schuldenstand mit 6000 Euro pro Einwohner im Osten merklich niedriger als in westdeutschen Vergleichsstädten mit 10.000 Euro pro Einwohner.

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Eine deutlich kritischere Bilanz als die Regierung zog das Wirtschaftsforschungsinstitut ifo. Der Abstand zwischen Ost und West bleibe seit Jahren praktisch konstant, von einem Aufholen auf Westniveau sei kaum eine Spur, erklärte das Institut in München.

(AFP)
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