S-Bahn-Totschläger entschuldigt sich Opfer mit 22 Schlägen und Tritten getötet

München (RPO). Zwei Tage nach der Tötung eines 50-Jährigen S-Bahn-Fahrgasts haben Gerichtsmediziner 22 Verletzungen durch stumpfe Gewalt festgestellt. Welche davon genau zum Tod führte ist noch unklar. "Ich wollte nicht, dass der Mann stirbt", zitiert Verteidiger Gregor Rose seinen 18-jährigen Mandanten Markus S.

München: 50-Jähriger stirbt nach brutaler Attacke
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"Er bedauert seine Tat zutiefst und kann sich nicht erklären, wie es zu diesem Blackout kommen konnte", sagte Rose gegenüber der Münchner ZEitung "tz". Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft und dem Ermittlungsrichter, die den beiden noch am Tatort gefassten jungen Männern Mord aus niedrigen Beweggründen vorwerfen, sieht der Verteidiger nur Körperverletzung mit Todesfolge. Zunächst müsse ein psychologisches Gutachten erstellt werden, sagte der Anwalt.

Die Bürger im niederbayrischen Ergoldsbach zeigen sich tief bewegt nach dem Mord an Dominik Brunner. Er hatte vier Kinder vor einem Überfall schützen wollen und wurde von den zwei Jugendlichen zu Tode geprügelt.

Es sind der Mut und die Zivilcourage des von Schlägern in der Münchner S-Bahn zu Tode geprügelten Dominik Brunner, die die Bürger in dessen niederbayerischem Heimatort Ergoldsbach tief berühren. Er sei immer noch "innerlich aufgewühlt", sagt Bürgermeister Ludwig Robold (FW) am Montag nach der brutalen Tat. Er kann es nicht fassen, dass "ein so ruhiger, besonnener, offener und lebensbejahender Mann" so grausam getötet wurde. Hilflos fühle er sich angesichts solcher Gewalt, sagt der Gemeindechef.

Der 50 Jahre alte Geschäftsmann Brunner war am Samstag von zwei jungen Männern mit Tritten und Faustschlägen am S-Bahnhof Solln zu Tode geprügelt worden - weil er sich schützend vor vier Kinder gestellt hatte, die von den beiden erpresst und bedroht wurden.

Auch in der Ergoldsbacher Bäckerei Preisser ist die Tat an diesem Montag Thema Nummer eins. "Jeder hier im Dorf ist entsetzt", sagt eine Verkäuferin. Ein "totaler Schock" sei das, pflichtet ihr eine Kundin bei. Sie habe selbst Enkel und findet es bewundernswert, dass sich Brunner so für die Kinder eingesetzt habe, sagt sie. Unfassbar sei es aber, dass es so aggressive Menschen gebe.

Unterdessen gaben Polizei und Staatsanwaltschaft weitere Details der brutalen Tat bekannt. Die Obduktion der Leiche ergab, dass Brunner mit 22 Fußtritten und Faustschlägen auf Kopf und Oberkörper malträtiert wurde. Die konkrete Todesursache ist allerdings noch unklar.

Der 50-Jährige, der Vorstand des Dachziegelunternehmens Erlus AG mit rund 600 Mitarbeitern war, hatte auf dem S-Bahnhof Solln vier Kinder im Alter zwischen 13 und 15 Jahren beschützen wollen. Diese waren zuvor in der Bahn von zunächst drei, später nur noch zwei Männern bedroht und attackiert worden. Bereits in der Bahn hatte Brunner per Handy die Polizei verständigt und angekündigt, er werde mit den Kindern in Solln den Zug verlassen. Auf dem Bahnhof wurde er schließlich von den Gewalttätern geschlagen und getreten. Wenig später erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Einem Polizeisprecher zufolge waren auf dem S-Bahnhof Solln zur Tatzeit laut Zeugenaussagen etwa 15 weitere Personen anwesend. Die meisten von ihnen sollen auch an der Gruppe vorbeigegangen sein. Unklar sei allerdings noch, ob zu dieser Zeit schon auf den 50-Jährigen eingeschlagen wurde. Wie der Sprecher weiter sagte, alarmierten mehrere Zeugen die Polizei, um die Tat zu melden. Die vier Kinder hatten noch versucht, dem Mann zu helfen, hatten immer wieder gesagt, die Schläger sollten doch aufhören.

Mutmaßliche Täter schweigen

Die Polizei traf nur wenige Minuten nach der Tat am Bahnhof ein. Sie fasste die beiden jungen Männer, die sich in einem Gebüsch versteckt hatten. Wenig später wurde ein weiterer 17-Jähriger festgenommen, der zwar nicht bei der Gewalttat dabei, aber offenbar an einer vorherigen Auseinandersetzung am S-Bahnhof Donnersbergerbrücke beteiligt war. Er gab zu, es habe dort eine Auseinandersetzung gegeben, außerdem sei von den vier Kindern Geld gefordert worden. Ansonsten machte er keine Angaben. Auch die beiden mutmaßlichen Mörder schwiegen auf Anraten ihrer Anwälte. Gegen die beiden wurde bereits am Sonntag Haftbefehl erlassen, gegen den 17-Jährigen wurde dieser noch am Montag erwartet.

Alle drei Männer sind der Polizei bereits wegen verschiedener Delikte wie Körperverletzung, Erpressung und Diebstahl bekannt. Eine toxikologische Untersuchung soll in den nächsten Tagen herausfinden, ob die Schläger zur Tatzeit unter Drogeneinfluss standen. Zu familiären Hintergründen der drei Tatverdächtigen wollte die Polizei nichts bekannt geben.

Am S-Bahnhof Solln herrscht am Montag noch immer Fassungslosigkeit. Viele Menschen legen Blumen nieder, stellen Kerzen und Kondolenzkarten auf - zwei Frauen und ein Mann stehen am Mittag weinend am Bahnsteig. "Lieber Dominik, warum? Wir können es nicht fassen! Du wolltest helfen und diese Unmenschen haben freie Fahrt gehabt! Wir vermissen dich sehr!", steht auf einer handgeschriebenen Karte. Ein junger Mann legt am Nachmittag einen weiteren Zettel ab: "Ich möchte Ihnen hiermit meine Ehre erweisen und Ihnen danken, dass Sie auf meine Schwester aufgepasst haben. Danke."

(DDP/awei)
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