"Ein einziges Versagen" Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss übergibt offiziell Bericht

Erfurt · Nach zweieinhalb Jahren Arbeit hat der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss offiziell seinen Abschlussbericht vorgelegt.

Die Rolle der verschiedenen Sicherheitsbehörden
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Foto: dpa, mic lre

Landtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) sagte am Donnerstag bei der Übergabe des Berichts in Erfurt, mit dem Untersuchungsausschuss habe das Parlament "einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung geleistet". Der Bericht zeige auch, dass staatliches Handeln jederzeit hinterfragt werden könne und wie wichtig parlamentarische Kontrolle sei.

In dem bereits vorab bekannt gewordenen Dokument stellen die Abgeordneten den Thüringer Sicherheitsbehörden, der Staatsanwaltschaft, aber auch der Politik ein vernichtendes Urteil bei der Verfolgung der NSU-Terrorzelle aus. Die Geschichte der Fahndung nach dem Trio sei "ein einziges Versagen" und ein "Fiasko" gewesen, heißt es in dem knapp 1800 Seiten umfassenden Bericht.

Wichtige Informationen seien zurückgehalten, Spuren und Hinweise nicht verfolgt worden, beklagt der Ausschuss. Auch bei der Zusammenarbeit zwischen den Behörden, vor allem zwischen dem Thüringer Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt, habe es eklatante Mängel gegeben, wobei vor allem der Verfassungsschutz dabei den angeblichen Schutz von "Quellen" in der rechtsextremen Szene vorgeschoben habe.

Die Häufung falscher oder nicht getroffener Entscheidungen lassen nach Ansicht des U-Ausschusses auch "den Verdacht gezielter Sabotage" bei der Suche nach dem untergetauchten Trio zu. Zumindest mittelbar hätten die Sicherheitsbehörden zudem den Aufbau rechtsextremer Strukturen in Thüringen begünstigt. Als Beispiel nennt der Bericht den Umgang mit dem rechtsextremen V-Mann Tino Brandt, der übermäßig hohe Prämien erhalten habe und offenbar vor gegen ihn gerichteten Ermittlungen gewarnt worden sei.

Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) würdigte die Arbeit des Ausschusses als wichtigen Beitrag "für die Aufarbeitung dieses beispiellosen Falles von Behördenversagen in Bund und Ländern". Er verwies darauf, dass zuvor eine vom Innenministerium eingesetzte Kommission bereits eklatante Versäumnisse der Behörden benannt hatte.

Der Thüringer Untersuchungsausschuss hatte im Februar 2012 seine Arbeit aufgenommen. Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) soll bundesweit zehn Menschen getötet haben. Das Trio war 1998 untergetaucht, nachdem die Polizei in einer Garage in Jena Rohrbomben und Sprengstoff gefunden hatte.

Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe muss sich derzeit vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Die beiden anderen Mitglieder des NSU-Trios, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, hatten sich im November 2011 nach einem missglückten Banküberfall mutmaßlich selbst das Leben genommen.

(DEU)
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