Hochwasser in Sachsen-Anhalt NRW-Minister verbietet Feuerwehr Fluthilfe
Erwitte · Das Innenministerium hat es 29 Feuerwehrleuten aus Erwitte untersagt, den Menschen der überfluteten Partnerstadt Aken in Sachsen-Anhalt zu helfen. CDU und FDP üben scharfe Kritik an der Entscheidung.
Eigentlich würde Peter Katz mit seinen Männern längst in Aken in Sachsen-Anhalt sein, um Sandsäcke zu stapeln und die Kleinstadt an der Elbe vor dem Hochwasser zu schützen. Aber statt Deiche zu sichern, muss der Leiter der Feuerwehr Erwitte (Kreis Soest) seit Tagen hilflos im Fernsehen zusehen, wie die ostdeutsche Partnerstadt von Erwitte überschwemmt wird.
Denn das nordrhein-westfälische Innenministerium hat es ihm und seinen 28 Feuerwehrleuten untersagt, nach Aken ins Katastrophengebiet zu fahren, um den Menschen dort zu helfen. "Mein Amtskollege bat mich um Hilfe. Wir stellten dann schnell den Hilfstrupp zusammen", erklärt Erwittes Bürgermeister Peter Wessel. "Doch unter Androhung von rechtlichen und disziplinarischen Konsequenzen wurde uns das am Samstag verboten."
Dabei wird in der 9000-Einwohner-Stadt Aken, die direkt zwischen Elbe und Saale liegt, dringend jede Hilfe benötigt. Die Kleinstadt mit ihren Dörfern drumherum gehört aktuell zu den am schlimmsten vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Deutschland. Große Teile der Stadt sind überflutet. Die Einwohner wurden evakuiert. Der Pegel der Elbe lag dort gestern bei 7,90 Meter und damit 24 Zentimeter über dem von 2002. "Die Stadt ist abgesoffen", sagte ein Sprecher des zuständigen Landkreises Anhalt-Bitterfeld.
Zentrale Koordination durch Krisenstab
Trotz der dramatischen Hochwasserlage legt das NRW-Innenministerium Wert darauf, dass die Entscheidung richtig war, die 29 Feuerwehrleute aus Erwitte nicht nach Aken zu schicken. "Es ist nun einmal so, dass nicht jede Feuerwehr im Land tun kann, was sie will", sagte eine Ministeriumssprecherin. "Sonst verlieren wir den Überblick und wissen nicht, welche Hilfskräfte aus NRW wo und wann im Hochwassergebiet im Einsatz sind." In NRW werden die Hilfsaktionen zentral vom Krisenstab der Landesregierung geplant. Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte: "Wichtig ist, dass diese Hilfe koordiniert wird, damit sie dort ankommt, wo sie gebraucht wird." Er versprach, dass kein Hilfsangebot verloren gehe.
Die zuständige Aufsichtsbehörde für Erwitte ist die Bezirksregierung in Arnsberg. Dort zollte man den Feuerwehrleuten für ihre Hilfsbereitschaft zwar großen Respekt. "Aber man muss im Auge behalten, dass mit den Ressourcen vernünftig umgegangen wird", sagte ein Behördensprecher. "Das heißt, dass auch Einsatzkräfte für die nächsten Tage zurückgehalten werden müssen — für die Aufräumarbeiten zum Beispiel." Doch es steht nicht fest, ob die Erwitter überhaupt zum Einsatz kommen werden.
Bei der Bezirksregierung hieß es, dass ihre Hilfe erst einmal nicht benötigt werde. "Bislang gibt es für sie keinen Einsatzbefehl oder so etwas in der Art — das kann sich aber natürlich ändern", sagte der Sprecher. Erwittes Bürgermeister Peter Wessel erklärte frustriert: "Fakt ist, dass mich das Innenministerium bisher weder telefonisch noch schriftlich über irgendetwas in der Sache informiert hat. Das ist unsäglich." Feuerwehrchef Peter Katz ergänzte: "An uns liegt es nicht, dass wir nicht zum Einsatz kommen. Wir haben alle Auflagen erfüllt, die einzuhalten sind."
Kritik von der Opposition
Die Opposition im Düsseldorfer Landtag übte scharfe Kritik an der Vorgehensweise der Landesregierung und forderte den Innenminister auf, im Innenausschuss Rede und Antwort zu stehen. CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen erklärte, dass ihn die Entscheidung "schlicht fassungslos" mache. "Große Show-Aktionen wie den Blitz-Marathon führt Innenminister Ralf Jäger gerne durch. Wenn es aber um die Unterstützung und Hilfe im Kleinen geht, versagt er kläglich", sagte Löttgen.
Er ergänzte: "Wenn Aken einen Hilferuf an ihre Partnerstadt richtet, dann ist es doch selbstverständlich, alle Hebel in Bewegung zu setzten, um diesem Notruf nachzukommen." CDU-Parteifreund und Landtagsabgeordneter Werner Lohn bezeichnete den Vorfall als "Schlag ins Gesicht" für alle Hilfsbereiten. Marc Lürbke, Abgeordneter der FDP, erklärte, dass unbürokratische Hilfe zwischen Partnerstädten möglich sein müsse.
Bei den Feuerwehrleuten in Erwitte ist die Hoffnung so gut wie geschwunden, doch noch den Menschen in der Partnerstadt helfen zu können. "Es herrscht großer Frust in der Truppe. Meine Jungs sind deprimiert", sagt Peter Katz. "Es ist schwer, helfen zu wollen, aber es nicht zu dürfen."