Integration in der Schule NRW führt Islam-Unterricht ein

Von Andreas Otto · Für die Politik ist es ein wichtiger Meilenstein der Integration: In Nordrhein-Westfalen soll ab kommendem Schuljahr islamischer Religionsunterricht eingeführt werden. Es ist das erste Bundesland, in dem das Fach Schritt für Schritt flächendeckend etabliert werden soll; in anderen Ländern gibt es vereinzelt nur entsprechende Modellprojekte.

In Kleve angekommen: Beispiele für gelungene Integration
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Nach Ansicht von NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) trägt der islamische Religionsunterricht dazu bei, dass Deutschland für die Migranten mehr zur Heimat wird. Auch die Kirchen begrüßen im Grundsatz, dass die religiöse Unterweisung junger Muslime aus Hinterhofmoscheen herausgeholt wird und an den Schulen in deutscher Sprache und unter behördlicher Aufsicht stattfindet.

Gleichwohl melden sie große rechtliche Bedenken an. Die Kirchen verweisen auf das Grundgesetz. Und das schreibt vor, dass der wertneutrale Staat nur formal die Lehrpläne für den Religionsunterricht bestimmt und ansonsten die jeweilige Religionsgemeinschaft die Inhalte festlegt. Dies müsse auch für die Muslime gelten.

Das Problem: Die islamischen Gruppierungen sind (noch) keine staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft. Das liegt vor allem daran, dass ihnen - im Gegensatz zu den Kirchen - die Führung von Mitgliederlisten völlig fremd ist. Die NRW-Landesregierung ist aber optimistisch, dass der Organisationsgrad der Muslime wächst - und verweist auf die Entwicklung des 2007 gegründeten Koordinationsrates der Muslime, einem Dachverband von vier muslimischen Verbänden.

Übergangsweise behilft sich die Politik in ihrer Gesetzgebung mit einem Beirat. Jeweils vier Vertreter bestimmen die islamischen Verbände und weitere vier die Landesregierung. Dieses Gremium soll dann die inhaltlichen Vorgaben für den Islam-Unterricht setzen. Die Landesregierung geht davon aus, dass diese Regelung verfassungsrechtlich Bestand hat, weil das Gesetz bis Juli 2019 befristet sei und damit nur eine Übergangslösung darstelle.

Die Zukunft muss erweisen, ob und inwieweit sich der sehr heterogen zusammengesetzte Beirat auf einen Unterrichtskanon verständigen kann. Die Schwierigkeiten sind vielleicht noch größer, als wenn sich katholische und evangelische Vertreter sowie Mitglieder der "Kirche von unten" und Piusbrüder auf einen gemeinsamen Nenner einigen müssten.

Ohnehin handelt es sich erst um einen Einstieg in den islamischen Religionsunterricht. Laut Landesregierung können zunächst nur die 130 Schulen islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache anbieten, an denen bisher das Fach Islamkunde unterrichtet wurde. Den rund 320.000 muslimischen Schüler in Nordrhein-Westfalen stehen ab Sommer 2012 rund 80 Lehrkräfte gegenüber, die bislang den Islamkundeunterricht erteilten. Hinzu kommen etwa 60 Pädagogen, die im Sommer 2011 einen Zertifikatskurs Islamkunde abgeschlossen haben werden.

(KNA)
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