Bestätigung der Deutschen Bahn Notrufsäule am S-Bahnhof Solln war defekt

München (RPO). Am Mittwoch hat die Deutsche Bahn die Gerüchte bestätigt: Die Notrufsäule am Münchner S-Bahnhof Solln war defekt als am vergangenen Samstag ein Geschäftsmann von zwei Jugendlichen erschlagen worden war - und das schon seit fünf Jahren.

Gedenkfeier für das Todesopfer
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Das hat die Bahn bei der "Süddeutschen Zeitung" eingeräumt. Demnach schob eine Bahn-Sprecherin die Schuld auf den privaten Mitnutzer der Bahnanlagen, die Bayerische Oberlandbahn (BOB). Die BOB habe sie ohne Absprache mit der DB illegal aufgebaut, so der Vorwurf.

BOB-Chef Heino Seeger entgegnete, sein Unternehmen sei vertraglich dazu verpflichtet gewesen, die Säulen aufzubauen. Doch wegen technischer Probleme und weil sich die DB in Vertragsverhandlungen so "unfreundlich" gezeigt habe, sei die Säule vor etwa fünf Jahren zwar angeschlossen, aber nicht eingeschaltet worden. Wie Bahn und BOB einräumten, funktionieren die Notrufanlagen an rund 20 weiteren Bahnhöfen nicht, die die BOB anfährt.

Auf dem S-Bahnhof Solln hatte ein Geschäftsmann sich schützend vor mehrere Kinder gestellt, die von zwei Jugendlichen drangsaliert worden waren. Beim Aussteigen hatten die jungen Männer den 50-Jährigen zu Tode geprügelt. Er hatte zuvor die Polizei per Handy alarmiert. Nach der Tat riefen mehrere Zeugen die Polizei an. Die beiden Schläger wurden wenig später festgenommen und befinden sich seit Sonntag in Untersuchungshaft.

2000 Münchner bei Gedenkfeier

Vier Tage nach dem tödlichen Überfall haben am Mittwoch mehr als 2000 Menschen bei einer ökumenischen Feier am Tatort des Opfers gedacht. Zur selben Zeit standen sämtliche U- und S-Bahnen in München für eine Minute still als Zeichen des Respekts für den 50-Jährigen.

Die Bundesregierung würdigte das Opfer am Mittwoch als Vorbild für Zivilcourage. Bayern zeichnet den 50-Jährigen posthum mit dem Bayerischen Verdienstorden aus, wie Ministerpräsident Horst Seehofer ankündigte. Bundespräsident Horst Köhler erwägt, ihn mit dem Bundesverdienstkreuz zu ehren.

Debatte über Zivilcourage

Der Fall löste eine heftige Debatte über Zivilcourage aus. Die Polizei wies am Mittwoch Spekulationen zurück, dass mehr als 15 andere Fahrgäste auf dem S-Bahnsteig in Solln dem Mord untätig zugeschaut hätten. "Es gibt derzeit keinen Anhaltspunkt, dass jemand Hilfe verweigert hat", sagte Polizeisprecher Wolfgang Wenger.

Die bayerische Regierung will die Polizeipräsenz im öffentlichen Nahverkehr verstärken und die Videoüberwachung ausbauen. Darüber werde auch mit der Deutschen Bahn und den städtischen Verkehrsbetrieben verhandelt, sagte Seehofer. Polizisten in Zivil oder Uniform sollen künftig kostenlos in allen Bahnen und Bussen mitfahren können.

Der Koalitionspartner FDP bremste aber die Forderung der CSU, die Forderung nach härteren Strafen für Jugendliche und Heranwachsende im Bundesrat einzubringen. Eine Arbeitsgruppe der Koalition werde darüber beraten, sagte Seehofer. Die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte im Deutschlandradio, schärfere Gesetze seien wirkungslos gegen Jugendgewalt.

(DDP/jt)
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