Winter-Chaos Notfallplan für Streusalz

Düsseldorf (RPO). Die anhaltenden Schnee- und Wintertage haben in NRW zu einem ernsthaften Engpass in der Streusalz-Versorgung geführt. Der Frankfurter Flughafen ist aktuell komplett gesperrt. In NRW sind die Straßen spiegelglatt. Polizei warnt vor Blitzeis.

Große Geduld ist auch am Dienstag bei vielen Reisenden gefragt. Die frostigen Temperaturen beeinträchtigten weiterhin den Flug-, Bahn- und Autoverkehr. In NRW staut sich der Verkehr. Trotz eines Fahrverbots stehen auf vielen Fernstraßen Lkw quer und lösen Staus und Sperrungen aus. Christof Rasche (FDP) nannte das Fahrverbot für Lkw "unausgegoren". "Viele Lastwagenfahrer wissen nicht, wo Regierungsbezirke anfangen und enden", so Rasche. Man könne nicht die Anweisung erteilen, die Rastplätze anzufahren, wenn dort keine Kapazitäten vorhanden seien. Die winterlichen Straßenverhältnisse führen seit Sonntag allein in NRW zu mehr als 1300 Unfällen. Dabei wurden bis gestern elf Menschen schwer und 70 leicht verletzt.

Streusalz geht aus

Ab Mittwoch gilt in vielen Städten ein Notfallplan für Streusalz. Danach müssen die 84 Meistereien und 109 Kommunen und Kreise, die bisher ihre Bestellungen direkt an den Hannoveraner Salzlieferanten Esco gegeben haben, ihre verbliebenen Bestände an Straßen NRW melden. "Wir geben dann zentral und nach Dringlichkeit ab", erklärte der Winterdienstkoordinator von Straßen NRW, Ludwig Niebrügge. "Je nach Wetterlage, Gebiet und Bedeutung für das Verkehrsnetz werden wir an unsere Partner das verteilen, was noch zu verteilen ist."

Die zu Beginn des Winters eingelagerten 135.000 Tonnen sind bereits stark dezimiert. Pro Tag liefere der Salzhersteller Esco zwar 3000 Tonnen nach NRW. "Bei einem schneereichen Wintertag bräuchten wir jedoch dreimal so viel", sagte eine Sprecherin von Straßen NRW. Eingeschränkt oder nicht befahrbare Straßen könnten daher dauerhaft zum Winter gehören.

Esco räumte ein, dass sich neue Vorräte erst bei einer längeren Pause des Winters aufbauen ließen. "Wir haben in diesem Dezember bereits dreimal so viel Salz ausgeliefert wie im Rekord-Dezember 2009", sagte ein Sprecher. "Wir importieren bereits große Mengen Salz per Schiff aus Nord- und Südamerika." Verkehrsexperten der Opposition im Düsseldorfer Landtag kritisierten das Krisenmanagement von Straßen NRW. Die Streusalzbevorratung sei nicht "vorausschauend genug" erfolgt, bemängelte Bärbel Beuermann von der Linkspartei.

Chaos bei der Bahn

Das strenge Winterwetter macht auch der Bahn zu schaffen. So gibt es auch am Dienstag wieder teilweise erhebliche Verspätungen. Die Höchstgeschwindigkeit von ICE wurde auf 200 Kilometer pro Stunde beschränkt. In normalen Zeiten erreichen die Hochgeschwindigkeitszüge Werte von 300 Kilometern pro Stunde. Probleme hatte und hat auch der Eurostar, der die Städte Brüssel, Paris und London miteinander verbindet. Im Regionalverkehr gibt es ebenfalls Verspätungen.

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann (Grüne), griff die Bahn scharf an: "Die Vorbereitung auf den Börsengang hat der Bahn schwer geschadet. Beim Personal und bei der Wartung wurde drastisch gespart. Das spürt man jetzt dramatisch", sagte Hermann unserer Zeitung. Ein gut aufgestelltes Unternehmen könnte die Winterprobleme anders bewältigen, betonte Hermann. "Die Bahn hat so knapp geplant, dass nichts schief gehen darf. Jetzt sind aber ein paar Dinge schief gelaufen, und jetzt steht die Bahn ohne Hemd da."

Auch SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer kritisierte die Bahn. "Ich bin fassungslos, dass es bei der Bahn immer noch kein flexibles Notfallmanagement gibt", sagte Beckmeyer. "Die Bahn müsste eigentlich einen Puffer an Ersatzzügen vorhalten, um Ausfälle zu kompensieren. Den hat sie aber nicht, alles ist zu knapp bemessen", sagte Beckmeyer. Zusatzzüge, Wartungspersonal und Weichenheizungen seien Mangelware. "In den vergangenen Jahren ist wegen des geplanten Börsengangs viel zu viel gespart worden", kritisierte Beckmeyer.

Ein Ende der Winterphase ist vorerst nicht in Sicht. Zwar sagen die Meteorologen für Donnerstag wegen eines von Süden einsetzenden Tauwetters deutlich mildere Temperaturen voraus. Bereits am Freitag soll es aber wieder kälter werden und erneut schneien. Damit wäre eine weiße Weihnacht möglich.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort