Deutscher Luftraum komplett freigegeben Noch Tage kein normaler Flugverkehr

Brüssel/Frankfurt (RPO). Der deutsche Luftraum ist zwar wieder komplett freigegeben. Doch es kann noch einige Tage dauern, bis sich der Flugverkehr wieder normalisiert. Schon am Mittwoch mussten Passagiere weiter mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Auch Flugstreichungen sind noch möglich.

 Es ist wieder reichlich Bewegung am Himmel. Auf flightradar24.com ist der Luftverkehr gegen elf Uhr am Mittwoch zu sehen.

Es ist wieder reichlich Bewegung am Himmel. Auf flightradar24.com ist der Luftverkehr gegen elf Uhr am Mittwoch zu sehen.

Foto: Screenshot

Die Deutsche Lufthansa wollte am Mittwoch nach Angaben eines Unternehmenssprechers 500 ihrer sonst üblichen 1800 Flüge anbieten. Den Vorrang haben dabei Interkontinentalverbindungen. Das Angebot werde nach und nach ausgebaut, sagte der Sprecher. In wenigen Tagen hoffe die Fluggesellschaft wieder im Plan zu sein.

Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin wollte nach eigenen Angaben am Mittwoch ihr Flugprogramm "nahezu komplett" anbieten. Bis Ende der Woche sollen demnach wieder alle Flüge starten. Bis dahin sind allerdings dem Unternehmen zufolge noch Flugstreichungen möglich.

Der Reiseveranstalter Tui nahm nach eigenen Angaben wieder den Normalbetrieb auf. Reisende könnten wieder auf ihren regulär gebuchten Flügen in den Urlaub reisen, erklärte der Veranstalter. Am Mittwoch sollten insgesamt rund 3500 Reisende ihren Urlaub wie gebucht beginnen. Mittlerweile seien zudem rund 30.000 Gäste, die in ihren Urlaubsorten gestrandet waren, wieder zu Hause.

Sperrung gegen elf Uhr aufgehoben

Die Deutsche Flugsicherung gab den Flugbetrieb am Mittwochmorgen nach und nach an allen Flughäfen frei. An den letzten fünf internationalen Airports wurden die Sperrungen um elf Uhr aufgehoben. Damit waren erstmals seit Freitag wieder an allen internationalen Flughäfen Starts und Landungen möglich.

In der Nacht war die Sperrung der meisten deutschen Flughäfen wegen der Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull für Instrumentenflüge noch bis Mittwoch acht Uhr verlängert worden. Nur die Flughäfen Bremen, Hamburg, Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld könnten vorerst nach Instrumentenflugregeln an- und abgeflogen werden, hatte die DFS mitgeteilte.

Trotz der Sperrungen starteten und landeten am Dienstag zahlreiche Flugzeuge auf deutschen Airports. Für sie galten Sondergenehmigungen des Luftfahrtsbundesamt. Die Piloten müssen die Maschinen im kontrollierten Sichtflugverfahren fliegen und unterhalb der Flughöhe bleiben, in der die Aschewolke schwebt. Vor allem wurden im Ausland gestrandete Urlauber zurückgeholt.

Lockerung auch in anderen Ländern

In mehreren Nachbarländern wurden unterdessen die Flugbeschränkungen wegen der Aschewolke aufgehoben. In Großbritannien wurde das Flugverbot am Dienstagabend aufgehoben. In London-Heathrow landete die erste Maschine nach Angaben von British Airways kurz vor 23 Uhr MESZ. Polen will seinen Luftraum am Mittwochmorgen um sieben Uhr wieder öffnen.

Die norwegischen Behörden verlängerten am Mittwoch die Öffnung des gesamten Luftraums bis zum Nachmittag und kündigten an, womöglich auch bis in den Donnerstag hinein Starts und Landungen auf seinen Flughäfen wieder zu erlauben. Norwegen war das erste Land, das am vergangenen Donnerstag wegen der Aschewolke seinen Luftraum komplett dicht gemacht hatte.

Auch in anderen Ländern deuteten sich weitere Lockerungen der Luftraum-Sperrung an. Dänemark wollte um elf Uhr seinen kompletten Luftraum bis Donnerstag zwei Uhr freigeben. Die Behörden hatten die Sperrung bereits in der Nacht teilweise gelockert.

In Finnland sollten bis zwölf Uhr die meisten Flughäfen zumindest für ein gewisses Zeitfenster wieder öffnen. Die Behörden rechneten damit, dass der Flughafen in der Hauptstadt Helsinki bis 15 Uhr geöffnet bleiben kann.

Für Frankreich gab Verkehrsminister Jean-Louis Borloo das Ziel aus, am Mittwoch sämtliche Langstreckenflüge und 60 Prozent der Mittelstreckenflüge abwickeln zu können.

Nach Angaben der europäischen Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol können im Laufe des Mittwochs vermutlich die letzten Einschränkungen des Luftverkehrs in Europa aufgehoben werden. Von den 28.000 geplanten Flügen würden 21.000 stattfinden, gab die Behörde am Mittwoch bekannt. "Glücklicherweise hat sich die Lage erheblich verbessert", sagte der stellvertretende Betriebsleiter Brian Flynn in Brüssel. 75 Prozent des Luftverkehrs würden am Mittwoch gewährleistet.

Schaden von 1,7 Milliarden Dollar

Die Flugverbote kosteten die Fluggesellschaften Branchenschätzungen zufolge bislang 1,7 Milliarden US-Dollar (rund 1,3 Milliarden Euro). Die Sperrungen hätten zeitweise knapp ein Drittel (29 Prozent) der Luftfahrt weltweit lahmgelegt, sagte der Chef des internationalen Luftfahrtverbandes IATA, Giovanni Bisignani, am Mittwoch. Zeitweise seien 1,2 Millionen Passagiere pro Tag von den Flugverboten betroffen gewesen.

Die Folgen des Vulkanausbruchs auf Island seien für die Luftfahrtbranche "verheerend", sagte Bisignani. Die Industrie habe im vergangenen Jahr einen Verlust von weltweit 9,4 Milliarden Dollar eingefahren und erhole sich allmählich von der Krise. Auch für dieses Jahr seien noch Verluste von 2,8 Milliarden Dollar zu erwarten. Die Vulkanasche-Krise treffe die Branche zu einem Zeitpunkt, zu dem die Fluggesellschaften "in der allerschwierigsten finanziellen Lage" befänden.

IATA-Chef Bisignani forderte von den Regierungen, mögliche Hilfen für die Fluggesellschaften zu prüfen. Nach dem 11. September 2001 habe die US-Regierung die Branche für das dreitägige Flugverbot im US-Luftraum mit fünf Milliarden Dollar unter die Arme gegriffen. Die EU-Kommission habe den Mitgliedsstaaten in der jetzigen Situation ähnliche Hilfen erlaubt.

(apd/ddp/RTR/AFP/das)
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