85 Patientenmorde Ex-Pfleger Niels Högel zu lebenslanger Haft verurteilt

Oldenburg · Das Landgericht Oldenburg hat die besondere Schwere der Schuld des Ex-Pflegers Niels Högel festgestellt. Er wurde wegen Mordes in 85 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft sah hingegen 97 Morde als erwiesen an.

 Niels Högel tötete zwischen 2000 und 2005 insgesamt 85 Patienten.

Niels Högel tötete zwischen 2000 und 2005 insgesamt 85 Patienten.

Foto: AFP/MOHSSEN ASSANIMOGHADDAM

Das Landgericht Oldenburg hat den Serienmörder und Ex-Pfleger Niels Högel wegen 85-fachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Zugleich stellte die Kammer am Donnerstag die besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren in der Praxis so gut wie ausschließt.

Die Taten sprengten jegliche Grenzen, sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann. Högel war wegen 100 Morden angeklagt. In 15 Fällen sprach das Gericht somit den Angeklagten frei. Högel selbst hatte 43 Taten gestanden.

Mit dem Urteil ging nach rund sieben Monaten ein Prozess zu Ende, der im In- und auch im Ausland viel Beachtung fand. „Ihre Schuld ist unumfassbar“, sagte Bührmann. Die Hände würden einfach nicht zusammenkommen, so groß sei die Schuld.

Zur Veranschaulichung verwies Bührmann auf das Rechtssystem in den USA, wo anders als in Deutschland Einzelstrafen addiert würden. Bei 85 Morden und 15 Jahren wären dies 1275 Jahre, rechnete Bührmann. „Das gibt eine Ahnung von dem, was ich unfassbar nenne.“ Högel habe Woche für Woche, Monat für Monat und Jahr für Jahr getötet. Jeder einzelne Fall wurde vor Gericht behandelt.

„Ich kam mir vor wie ein Buchhalter des Todes“, sagte Bührmann. „Tatsache ist: Manchmal reicht die schlimmste Fantasie nicht aus, um die Wahrheit zu beschreiben.“ Der menschliche Verstand müsse da kapitulieren. Es sei nicht gelungen, alle Antworten zu finden. „Ein Teil des Nebels, der über diesem Verfahren liegt, können wir nicht lichten. Das erfüllt uns selber auch mit einer gewissen Trauer.“ Das Urteil sieht auch ein lebenslanges Berufsverbot vor.

Högel, der unter anderem wegen zweifachen Mordes an Patienten schon 2015 zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, hatte seine Opfer zwischen 2000 und 2005 mit Medikamenten zu Tode gespritzt.

Ein Gutachter hatte dem Ex-Pfleger Schuldfähigkeit attestiert, zugleich aber auffällige Persönlichkeitsstörungen festgestellt. Högel zeige Anzeichen von Störungen, diese seien aber nicht so ausgeprägt wie bei psychisch Kranken. Högel fehle es an Scham, Schuld, Reue und Empathie, hatte der psychiatrische Gutachter Henning Saß Ende April gesagt.

Am Mittwoch hatte sich Högel in seinem letzten Wort bei den Angehörigen seiner Opfer entschuldigt. Er sprach von Reue und Scham. Es sei ihm während des Prozesses klar geworden, wie viel unendliches Leid er durch seine „schrecklichen Taten“ verursacht habe.

Die Verteidigung hatte in 55 Fällen auf Mord plädiert, in 14 auf versuchten Mord und in 31 Fällen auf Freispruch. Die Staatsanwaltschaft sah dagegen 97 Morde als erwiesen an. Nur in drei Fällen fehle es an hinreichenden Beweisen.

(jms/dpa)
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