Bayern will entschieden gegen Rechts antreten Neue Rekordzahl rechtsextremistischer Straftaten erwartet

Berlin (RPO). Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten steigt nach vorläufigen Statistiken ständig. Der Vorsitzende des Vereins "Gesicht zeigen! Für eine weltoffenes Deutschland", Uwe-Karsten Heye, sagte im SWR, dieses Jahr sei ein neuer Rekord zu erwarten. Unterdessen will Bayern entschieden gegen den Rechtsextremismus vorgehen, plant aber kein schnelles Verbot der NPD.

Das Attentat auf den Polizeichef
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Der ehemalige Regierungssprecher Heye forderte ein Umdenken im Umgang mit rechter Gewalt. Nach 135 toten Opfer rechtsextremer Gewalt seit der Wende müsse klar sein, dass Deutschland ein Problem habe, "das wir nicht mit Betroffenheitslyrik hinkriegen werden".

Der frühere Regierungssprecher beklagte fehlende Unterstützung der Politik für die juristischen Auseinandersetzungen des Passauer Polizeipräsidenten Alois Mannichl mit den Rechtsextremen. Mannichl war am Samstag an der Haustür seines Hauses von einem Unbekannten niedergestochen worden. Der Täter wird in der rechtsextremistischen Szene gesucht. Mannichl gilt dort als Hassfigur wegen seines konsequenten Vorgehens gegen Rechtsextremisten in Passau.

Es gibt laut Heye noch zu viele Bürgermeister, die das Thema bagatellisierten weil sie das Fernbleiben von Investoren befürchteten. Zwar könne ein NPD-Verbot helfen, viel wichtiger seien aber entschiedene Maßnahmen, um die Zahl der Schulabbrecher als Rekrutierungsfeld für Rechtsextremisten zu senken.

In Passau als einem der Hotspots in Bayern ist laut Heye im laufenden Jahr eine Verdoppelung der Gewalttaten von Rechtsextremisten zu erwarten. Insgesamt hat sich die Zahl der Gewalttaten in Bayern nach behördlichen Angaben jedoch halbiert.

Nur im Januar unter 1.000 rechter Straftaten

Nach der Übersicht, die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Linken jeden Monat vom Bundesinnenministerium erhält, lag die Zahl der rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Straftaten im laufenden Jahr nur im Januar unterhalb der Marke 1.000. Im Jahr davor lag die Zahl nur im August über 1.000.

Im gesamten Jahr 2007 lag die Zahl aller rechtsextremistischen Straftaten dieser Zählung zufolge bei fast 11.000. Im laufenden Jahr erreichte die Zahl allein von Januar bis Oktober fast die Marke 12.000.

Diese Zahlen sind laut Bundesinnenministerium vorläufig und sie liegen unter den endgültigen. So scheint erklärlich, dass die Gesamtzahl der im Verfassungsschutzbericht 2007 festgehaltenen rechtextremistischen Straftaten mit über 17.000 angegeben wird. Offen ist bisher, ob sich auch auf dieser Statistikebene der Sicherheitsbehörden eine Steigerung für das laufende Jahr ergibt.

Bayern gegen Rechts

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat ein konsequentes Vorgehen gegen den Rechtsextremismus angekündigt. Insgesamt gebe es im Land eine "zunehmende Gewaltbereitschaft der rechten Szene", sagte Seehofer in München. Die Staatsregierung werde dieser Entwicklung "entschieden entgegentreten".

Zuvor hatte sich das bayerische Kabinett mit möglichen politischen Konsequenzen aus der Messerattacke auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl befasst. Seehofer kündigte an, die zuständigen Minister würden bis Anfang 2009 konkrete Vorschläge zum Kampf gegen Rechtsextremismus vorlegen, bis hin zur Prüfung eines neuen NPD-Verbotsverfahrens. Dieses allein reiche aber nicht aus, um "den Spuk" zu beenden. Notwendig sei auch Prävention in den Schulen sowie eine Stärkung der Polizeipräsenz vor Ort.

Kein schnelles Verbot der NPD

Bayern will trotz des mutmaßlich von einem Neonazi verübten Attentats auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl vorläufig kein neues Verbotsverfahren gegen die NPD beantragen. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begründete dies im Landtag in München mit den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten hohen Hürden beim Einsatz von V-Leuten in der NPD. Er könne es als Minister nicht verantworten, die V-Leute aus der NPD abzuziehen, um den Vorgaben des Gerichts gerecht zu werden. "Deshalb nützt es nichts, jetzt mit dem Kopf gegen die Wand zu laufen in Karlsruhe."

Herrmann sagte, nun müssten Argumente gegen die NPD gesammelt werden. Diese könnten dann vorgebracht werden, wenn sich die Chance für ein neues Verbotsverfahren auftue. Bis dahin müsse darüber nachgedacht werden, ob der NPD nicht die Zuschüsse aus der Parteienfinanzierung gestrichen werden könnten.

(AP)
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