Ludwigshafen Nazi-Symbole auf der Feuerruine

Ludwigshafen/Istanbul (RPO). Drei Tage nach dem verheerenden Feuer in einem Ludwigshafener Mehrfamilienhaus mit neun Toten haben erste Untersuchungen zur Ursache begonnen. Neben dem Eingang zum einem türkischen Kulturverein im Erdgeschoss des Gebäudes findet sich zwei Mal die Aufschrift "Hass", wobei die beiden letzten Buchstaben jeweils im Stil der SS-Runen geschrieben sind.

Ludwigshafen: Brand in Mehrfamilienhaus
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Wie Polizeisprecher Michael Lindner erklärte, wurden die Schmierereien vor dem Brand angebracht, da das Gebäude seit dem Feuer von Polizei und Feuerwehr ringsum abgesperrt sei.

Die Experten konnten am Morgen erstmals das bislang extrem einsturzgefährdete Haus betreten, wie eine Sprecherin der Polizei in Ludwigshafen mitteilte. Genaue Ergebnisse der Untersuchungen werden allerdings erst in mehreren Tagen erwartet. Die Ermittler gehen sowohl dem Verdacht einer Brandstiftung als auch der Möglichkeit eines technischen Defekts als Ursache des Feuers nach.

An den ersten Untersuchungen zur Brandursache am Mittwochmorgen waren laut Polizei unter anderem Sachverständige des Landeskriminalamtes (LKA) und des Bundeskriminalamtes (BKA) beteiligt. Auch Spürhunde waren demnach im Einsatz. Die Untersuchungen vor Ort sind ein wichtiger Teil der umfangreichen Ermittlungen zur Brandursache. Das Feuer war am Sonntagnachmittag in dem von türkischen Familien bewohnten Haus ausgebrochen.

Der Verdacht der Brandstiftung beruht vor allem auf den Aussagen von zwei Mädchen, die das Feuer überlebten. Sie sagten nach Presseberichten, sie hätten einen Mann im Hauseingang gesehen, der dort in einem Kinderwagen das Feuer gelegt habe. Danach sei er weggelaufen. Die Mädchen wurden am Dienstag auch von der Polizei befragt. Zu ihren Aussagen wollte ein Polizeisprecher zunächst aber keine Angaben machen.

Vor dem Brand von Ludwigshafen soll es nach türkischen Presseberichten rechtsradikale Drohungen gegen die türkischen Hausbesitzer gegeben haben. Die Familie sei nach ihrem Einzug in das Ludwigshafener Eckhaus von jungen deutschen Rechtsradikalen bedroht worden, meldete die Zeitung "Zaman" unter Berufung auf Angehörige der Opfer im südosttürkischen Gaziantep. Die Ludwigshafener Familie habe die Drohungen aber nicht ernst genommen. Der Polizeisprecher wollte sich dazu nicht äußern.

Mehrere türkische Zeitungen berichteten zudem, dass in der Nähe des Brandortes in Ludwigshafen ein türkenfeindlicher Spruch an eine Wand gesprüht worden sei. Der Ludwigshafener Polizeisprecher bestätigte, dass dies vor mehr als einem Jahr der Fall gewesen sei.

In der Türkei werden die Ermittlungen zur Brandursache mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will am Donnerstag im Rahmen eines ohnehin geplanten Deutschlandbesuches nach Ludwigshafen kommen. Er wird dabei auch vom rheinland-pfälzischen Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) begleitet, wie ein Sprecher der Landesregierung mitteilte. Die Türkei entsandte auch türkische Experten nach Deutschland, die die Ermittlungen der deutschen Behörden begleiten sollen.

Islamische Organisationen kritisierten Beck dafür, dass er am Sonntag bei einem Besuch in Ludwigshafen gesagt hatte, es gebe nach dem Stand der Ermittlungen keine Hinweise auf einen ausländerfeindlichen Hintergrund. Die Äußerungen seien "sehr verfrüht" gewesen, weil es viele verschiedene Anhaltspunkte und Vermutungen gebe, sagte der Generalsekretär des Islamrates, Burhan Kesici, dem "Münchner Merkur" (Donnerstagsausgabe). Der Sprecher der Türkisch-Islamischen Union (DITIP), Bekir Alboga, sagte der Zeitung, Brandstiftung auszuschließen, bevor die Ermittlungen beendet seien, sei "eine völlig falsche Botschaft an die Öffentlichkeit."

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) reagierte irritiert auf kritische Äußerungen aus der Türkei an den deutschen Ermittlungsbehörden. "Es gibt für niemanden den geringsten Anlass, der deutschen Polizei zu misstrauen", erklärte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg. Die nach Deutschland entsandten türkischen Beamten seien Beobachter und könnten sich von der professionellen Arbeit der Polizei überzeugen.

(afp)
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