Dreimonatige Aktion im ÖPNV Vorverkauf des 9-Euro-Tickets gestartet – Bahn meldet hohe Nachfrage

Berlin · Rund eine Woche vor Beginn der dreimonatigen Aktion im bundesweiten Nahverkehr geht es mit dem Verkauf des 9-Euro-Tickets los. Bereits am Morgen gibt es einen großen Andrang. Einige Verkehrsbetriebe und die Bahn stocken ihr Angebot auf.

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Die schönsten Reiseziele in Deutschland mit dem 49-Euro-Ticket

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Foto: Pixabay/Gruendercoach

Die 9-Euro-Tickts sind zum Verkaufsstart am Montag im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) auf großes Interesse gestoßen. Die Situation an den Verkaufsstellen lasse sich auf Anhieb noch nicht überblicken, aber die Last auf den Servern der VRR-App für den Online-Verkauf sei spürbar erhöht, erklärte ein Sprecher am Montagnachmittag. In Wuppertal hatten Kunden, die das Ticket auf Papier erwerben wollten, am Montagmorgen sogar Schlange gestanden, wie die „Westdeutsche Zeitung“ berichtete. In der Stadt hatte es am Morgen eine Technikpanne beim Ausdrucken gegeben.

Der VRR rechnet laut einer Umfrage damit, dass jeder zweite Erwachsene im VRR-Gebiet, der bisher kein Abo hat, das 9-Euro-Ticket nutzen will. Für den Verbundraum bedeutet das zwischen 2,5 Millionen und 3 Millionen mögliche 9-Euro-Ticket-Kunden. Der VRR rechne mit deutlich mehr Fahrgästen speziell an touristischen Zielen. „Derzeit prüfen die Aufgabenträger den Einsatz zusätzlicher Fahrzeuge dort, wo sie gebraucht werden“, teilte der VRR mit.

Die Wuppertaler Stadtwerke hatten den Verkauf der 9-Euro-Tickets online über ihre App bereits am Mittwoch vergangener Woche gestartet. Seitdem seien auf diesem Weg über 7000 verkauft worden, teilten die Stadtwerke am Montag mit.

Die Deutsche Bahn und zahlreiche Verkehrsverbünde und -unternehmen haben an diesem Montag ebenfalls mit dem Verkauf des 9-Euro-Monatstickets begonnen. Auf der Bahn-App DB Navigator ist das Ticket seit dem Morgen erhältlich. Zur Buchung geht es hier. Am Montagmorgen bewarb die Deutsche Bahn das Discount-Ticket mit einem großen Banner oben auf der Startseite. Kunden wurde im Kaufprozess jedoch folgende Fehlermeldung angezeigt: „Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde, im Moment greifen zu viele Nutzer gleichzeitig auf unser Buchungssystem zu. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.“ Der Andrang am frühen Morgen war offenbar zu groß für die Bahn-Server. Beim Verkaufsstart der Tickets in Fahrscheinform hat es in Wuppertal am Montag zudem eine Druckerpanne gegeben. Kunden, die bereits vor 9 Uhr Schlange vor einem Kundencenter gestanden hätten, sind zunächst wieder weggeschickt worden.

Die Deutsche Bahn hat nach eigenen Angaben in den ersten Stunden nach Verkaufsstart am Montag bereits über 200.000 Neun-Euro-Tickets verkauft. Wer über die Handyapp eine Reise im Regionalverkehr buchte, stieß während des Prozesses auf das Angebot. In den DB-Reisezentren startete der Verkauf unmittelbar nach deren Öffnung.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft etwa meldete, zwischen Sonntag und Montagmittag seien 15.500 der bundesweit gültigen Tickets allein als Papierfahrschein verkauft worden. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben sind die Fahrkarten seit Freitag erhältlich. Hier seien bis einschließlich Sonntag 130.000 verkauft worden, rund 60 Prozent davon online, teilte ein Sprecher mit. Auch die Bayerische Regiobahn ist „mit den ersten Zahlen ganz zufrieden“, wie Marketingleiterin Sabine Floßmann sagte. „Momentan nähern wir uns dem vierstelligen Bereich.“

Mit dem Monatsticket können die Fahrgäste ab nächstem Monat bundesweit im öffentlichen Nah- und Regionalverkehr fahren - in allen Städten und über alle Verbundgrenzen hinweg. Die Sondertickets sollen für Juni, Juli und August angeboten werden - für jeweils 9 Euro im Monat und damit viel günstiger als normale Monatskarten. Trotz Kritik und Skepsis aus den Bundesländern hatte der Bundesrat am Freitag dem Vorhaben zugestimmt.

Wie attraktiv die vergünstigten Fahrten werden, hängt vor allem davon ab, wie voll es im Sommer in Bahnen und Bussen wird. „Wir haben keinen blassen Schimmer“, sagte DB-Regio-Chef Jörg Sandvoß mit Blick auf die erwarteten Fahrgastzahlen. Viele Fachleute gehen davon aus, dass das Ticket vor allem für den Freizeit-, Wochenend- und Ferienverkehr genutzt wird - mit hoher Auslastung auf touristischen Strecken.

Die Bahn will deshalb insbesondere dort 50 zusätzliche Züge einsetzen und das Personal verstärken. Mit den Fahrzeugen könnten 250 zusätzliche Fahrten angeboten werden, hieß es. Doch angesichts von durchschnittlich rund 22.000 Regionalbahnfahrten jeden Tag sind Fachleute skeptisch, ob das reicht. „50 zusätzliche Züge sind ja nicht viel“, sagte etwa Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Zumal in den Sommermonaten zahlreiche Baustellen den Verkehr ausbremsen werden.

Auch viele andere Verkehrsunternehmen haben angekündigt, nach Möglichkeit aufzustocken. „Derzeit prüfen die Aufgabenträger den Einsatz zusätzlicher Fahrzeuge dort, wo sie gebraucht werden“, teilte etwa der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr mit. In Berlin und Brandenburg sieht der zuständige Verkehrsverbund noch vereinzelt Kapazitäten, auch deshalb, weil die Verkehrsauslastung von vor der Corona-Krise noch nicht wieder erreicht sei.

Dennoch ist auch für Bahnmanager Sandvoß angesichts der Engpässe klar: „Wir werden in den drei Monaten eine schlechtere Pünktlichkeit haben als wir sie davor hatten.“ Die Mitnahme von Fahrrädern könne nicht immer garantiert werden, „zumal viele Ausflüge spontan und wetterabhängig entschieden werden“.

Wer bereits ein Monats- oder Jahresabo hat, soll sich um nichts weiter kümmern müssen. „Es werden automatisch Reduzierungen bei bestehenden Abos vorgenommen, so dass nur die neun Euro pro Monat anfallen“, heißt es etwa beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Die Reduzierungen werden später auf das jeweilige Kundenkonto zurücküberwiesen.

Die Billigtickets sind Teil der Entlastungspakete der Ampel-Koalition wegen der stark gestiegenen Energiepreise. Zugleich sollen sie eine große Schnupperaktion sein, um mehr Fahrgäste anzulocken und zum Umsteigen vom Auto zu ermuntern. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von einer Chance für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und klimafreundliche Mobilität.

Nach dem am Freitag beschlossenen Gesetz stellt der Bund den Ländern unter anderem 2,5 Milliarden Euro bereit, um Einnahmeausfälle der Verkehrsanbieter auszugleichen. Von den Ländern hatte es zuvor Forderungen nach generell mehr Geld für den ÖPNV gegeben.

(dni/mba/axd/dpa)
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