Flüchtlingsheim in Ellwangen Afrikaner sitzt nach Großrazzia in Abschiebehaft

Ellwangen · Der bei einer Razzia in einem Flüchtlingsheim im baden-württembergischen Ellwangen gesuchte Asylbewerber ist nach seiner Festnahme in Abschiebehaft genommen worden.

An der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (LEA) in Ellwangen fährt ein Gefangenentransporter vor.

An der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (LEA) in Ellwangen fährt ein Gefangenentransporter vor.

Foto: dpa, puc kno

Der bei einer Razzia in einem Flüchtlingsheim in Baden-Württemberg gesuchte Asylbewerber ist in Abschiebehaft genommen worden. Die politische Debatte über den Fall geht indes weiter. Innenminister Seehofer bietet an, dass die Bundespolizei für Sicherheit in den Unterkünften sorgen kann.

In welches Gefängnis der 23-Jährige aus dem westafrikanischen Togo kam, wollte ein Polizeisprecher nicht sagen. Der Mann sollte ursprünglich in der Nacht zum Montag aus der Unterkunft geholt und nach Italien abgeschoben werden. Dieses EU-Land hatte er nach seiner Flucht aus der Heimat zuerst betreten.

Die Aktion war allerdings am teils gewaltsamen Widerstand von bis zu 200 Migranten in der Unterkunft gescheitert - die Polizei zog sich aus Sicherheitsgründen zurück. Am Donnerstag durchsuchten Hunderte Beamte stundenlang die Unterkunft. Dabei konnte der 23-Jährige gefasst werden.

Der Fall hat eine bundesweite Diskussion ausgelöst. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lobte das Vorgehen der Polizei. Der Einsatz sei zur Ahndung der begangenen Straftaten und zur Prävention notwendig gewesen, sagte er der "Heilbronner Stimme" und dem "Mannheimer Morgen". Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte die Ereignisse in Ellwangen indes einen "empörenden Sachverhalt". So dürfe "das Gastrecht nicht mit Füßen getreten werden".

Seehofer bot an, die Bundespolizei könne mit für die Sicherheit in Flüchtlingsunterkünften sorgen. Mit Blick auf die geplanten Ankerzentren, in denen künftig die Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden sollen, fügte Seehofer hinzu: "Ich möchte nicht mit dem Vorwurf leben, der Bund richtet Zentren ein und lässt bei der Sicherheit die Länder allein."

Kritik an großen Sammelunterkünften

Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic bezeichnete das Vorgehen der Flüchtlinge gegen die Polizei ebenfalls als inakzeptabel, sieht durch die Ereignisse aber auch die Ankerzentren infrage gestellt. Die Vorfälle zeigten, wie problematisch die Unterbringung von Geflüchteten in großen Sammelunterkünften sei, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) meldete Bedenken an. "Die Probleme wachsen mit der Größe solcher Lager, auch die Ängste der Menschen dort wachsen und schaukeln sich auf", sagte GdP-Vizechef Jörg Radek den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es wachse ein "erhebliches Aggressions- und Gefährdungspotential" heran, wenn massenhaft Neuankömmlinge und ausreisepflichtige Asylbewerber zusammengesperrt würden.

Seehofer bekräftigte sein Vorhaben der Ankerzentren allerdings. Ab August soll mit fünf bis sechs Pilotprojekten gestartet werden.

(togr/dpa)
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