Prozess um Hungertod der dreijährigen Sarah Mutter verweigert Krebsbehandlung

Nürnberg (RPO). Die Mutter der dreijährigen Sarah, die sich wegen des Hungertods des Kleinkindes seit Montag vor Gericht verantworten muss, will nicht aussagen. Die 27-Jährige leidet an einer schweren Krebserkrankung, will sich jedoch nicht behandeln lassen.

Prozess um Hungertod der dreijährigen Sarah: Mutter verweigert Krebsbehandlung
Foto: dapd, dapd

Zum Auftakt des Prozesses um den Hungertod der dreijährigen Sarah aus dem fränkischen Thalmässing hatte die Angeklagte durch ihren Verteidiger mitteilen lassen, dass sie sich während des Verfahrens nicht zur Sache äußern wolle. Die 27-Jährige, die den Gerichtssaal an Krücken betrat, folgte äußerlich unbewegt der Verlesung der Anklageschrift.

Sarah war am 10. August 2009 in einer Nürnberger Klinik bis auf das Skelett abgemagert und ausgetrocknet an den Folgen ihrer Mangel- und Unterernährung gestorben. Die Eltern sollen schon Monate zuvor aufgehört haben, sich um das Kind zu kümmern. In seiner Verzweiflung hatte das Mädchen sogar den Zellstoff seiner Windeln gegessen.

Vater ist bereits wegen Mordes verurteilt

In einem ersten Prozess war der heute 31 Jahre alter Vater des Mädchens wegen Mordes durch Unterlassen und Misshandlung von Schutzbefohlenen zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Das Verfahren gegen die Mutter war im Oktober 2010 wegen ihrer Erkrankung vorläufig eingestellt worden.

Inzwischen ist die 27-Jährige nach Auffassung eines Gerichtsgutachters aber zumindest wieder eingeschränkt verhandlungsfähig. Die Frau sitzt derzeit in der JVA Aichach in Untersuchungshaft. An den Verhandlungstagen wird sie im Gerichtssaal von einer Krankenschwester betreut.

Ein Polizeibeamter, der damals mit den Ermittlungen befasst war, sagte am Montag vor Gericht aus, die Mutter habe bei den ersten Vernehmungen den Eindruck gemacht, als hätte sie der Tod ihrer Tochter "emotional nicht betroffen".

Sie habe ausgesagt, zunächst den lebensbedrohlichen Zustand der kleinen Sarah nicht erkannt zu haben, berichtete der Polizist weiter. Einen Besuch beim Arzt habe sie gescheut, aus Angst, dieser könnte das Jugendamt einschalten. Sarah war ihr viertes Kind; zwei ihrer Kinder leben im Heim.

Angeklagte verweigerte Chemotherapie

Die Angeklagte habe in den Vernehmungen auch ihre angeschlagene Gesundheit als Erklärungsversuch angeführt, warum sie ihre Tochter vernachlässigt habe, berichtete der Zeuge weiter. So habe die stark übergewichtige Frau damals innerhalb weniger Wochen 50 Kilogramm an Gewicht verloren.

Wie der Verteidiger am Rande der Verhandlung mitteilte, leidet die 27-Jährige an Unterleibskrebs. Sie habe eine Chemotherapie abgelehnt und habe nur noch eine geringe Lebenserwartung. Wegen ihrer schwachen Konstitution darf die Verhandlung nicht länger als zwei Stunden pro Tag dauern.

Der Prozess wird nach Auskunft des Gerichts am kommenden Freitag fortgesetzt. Dann sollen erneut Polizeibeamte als Zeugen vernommen werden.

(DDP/jre)
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