Dortmunder wegen Mordes angeklagt Mutmaßlicher Nazi-Verbrecher vor Gericht

Dortmund · Anklage gegen einen 91 Jahre alten mutmaßlichen NS-Verbrecher erhoben. Der Mann aus Nordrhein-Westfalen soll gemeinsam mit einem inzwischen gestorbenen Mittäter im September 1944 einen Niederländer hinterrücks erschossen haben.

Die beiden Angehörigen des sogenannten Sicherheitsdienstes (SD) der Nazis waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft damals an einem deutschen Grenzposten stationiert.

In der Nacht vom 21. auf den 22. September 1944 hätten sie einen festgenommenen Widerstandskämpfer auf ein Firmengelände gebracht, sagte der Leiter der Dortmunder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für NS-Delikte, Andreas Brendel. Nach der Aufforderung "Geh' mal pissen" seien mindestens vier Schüsse gefallen - zwei davon hätten den Niederländer getötet.

"Wir gehen davon aus, dass beide geschossen haben", sagte Brendel. Später hätten sie behauptet, der Mann sei auf der Flucht erschossen worden. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg hatte ein niederländisches Gericht den jetzt angeklagten Mann in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Aus unklaren Gründen beantragten die Niederlande erst Jahrzehnte später eine Auslieferung. Dem kam Deutschland wegen der damaligen Rechtslage jedoch nicht nach: Mit einem alten Erlass aus der Nazi-Zeit war der Niederländer zum deutschen Staatsbürger geworden und damit vor Auslieferung geschützt.

Der Mann sei nach dem Krieg untergetaucht und habe jahrelang unbehelligt unter anderem Namen in Deutschland gelebt, bis der Nazijäger Simon Wiesenthal bei seiner Identifizierung geholfen habe. Wegen Beihilfe zum Mord an zwei Juden wurde der Mann 1980 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.

Vor einem dreiviertel Jahr nahm die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen nach Hinweisen eines Journalisten aus den Niederlanden wieder auf. Das Landgericht Hagen muss nun entscheiden, ob ein Hauptverfahren gegen den Angeschuldigten eröffnet wird. Nach bisherigen Erkenntnissen steht der Gesundheitszustand des 91-Jährigen dem nicht im Weg. Noch im Sommer hatte der Rentner ein Fernsehinterview gegeben.

(dpa)
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