Mordprozess "Lolita Brieger" Mutmaßlicher Mörder schweigt vor Gericht

Trier · Fast 30 Jahre nach dem gewaltsamen Tod von Lolita Brieger in der Eifel hat der Prozess gegen ihren mutmaßlichen Mörder begonnen. Alle Seiten hoffen, dass der Fall jetzt restlos aufgeklärt wird, damit endlich Ruhe einkehrt. Doch der Angeklagte schweigt.

Eine Chronologie des Falls Lolita Brieger
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Foto: dpa, dpa

Mit seinen gefesselten Händen hält er einen roten Aktendeckel vors Gesicht. Regungslos lässt der Angeklagte im Mordfall Lolita Brieger das Blitzlichtgewitter über sich ergehen, das ihn am Dienstag zu Beginn seines Prozesses am Landgericht Trier erwartet. Das mutmaßliche Verbrechen liegt lange zurück - fast 30 Jahre: Im November 1982 soll der heute 50-jährige Landwirt aus Scheid (Kreis Vulkaneifel) seine schwangere Ex-Freundin Lolita Brieger aus dem Nachbarort Frauenkron (Nordrhein-Westfalen) ermordet haben - erst mit Eisendraht erdrosselt und dann auf einer Müllkippe verscharrt. Am Dienstag hat die Vergangenheit den Eifeler eingeholt.

Wie eine dunkle Wolke schwebte das Verbrechen fast drei Jahrzehnte lang über dem knapp 200-Einwohner-Ort Frauenkron. Immer wieder war das Verschwinden der 18-jährigen Brieger Gespräch im Dorf, sagt Ortsbürgermeister Richard Bistritz. "Die Bürger möchten, dass der Fall jetzt komplett aufgeklärt wird." Und fügt hinzu: "Damit endlich Ruhe einkehrt." Auch Mutter Hildegard Brieger (80) ist froh, dass der Prozess losgegangen ist. "Endlich ist es soweit", sagt sie. Der Auftakt wurde auch in der Eifel aufmerksam verfolgt.

Laut Anklage hat er die junge Frau umgebracht

Für viele ist es unfassbar, dass sie über all die Jahre ein grausames Geheimnis miteinander verbunden haben soll. Der Täter, die auf der ehemaligen Müllhalde von Frauenkron entdeckte Leiche und die betroffene Brieger-Familie - alle sind doch im Umkreis von ein paar hundert Metern ganz nah gewesen. Aber der Einzige, der das Geheimnis möglicherweise lüften könnte, schweigt. Auch im Prozess will der angeklagte Landwirt nichts zu den Vorwürfen sagen.

Laut Anklage hat er die junge Frau umgebracht, weil sie von ihrem sozialen Stand her nicht zu seiner reichen Familie passte. Der Vater war deswegen gegen die Beziehung. "Damals heiratete man von Hektar zu Hektar", sagt Triers Oberstaatsanwalt Ingo Hromada. Als "Gesindel" und "Leute, die nix gelernt haben" sei die Brieger-Familie damals beschimpft worden, sagt Staatsanwalt Eric Samel.

In Frauenkron kann man es kaum glauben, dass der Landwirt ein Mörder sein soll: "Er ist nie negativ aufgefallen und überall geschätzt", sagt Bistritz. "Wenn es so sein sollte, dass er es war, dann werden die Menschen im Umkreis von 30 Kilometern sehr enttäuscht von ihm sein." Adrett gekleidet ist der Bauer, als er auf der Anklagebank Platz nimmt. Er trägt Anzug und Weste, darunter weißes Hemd und Krawatte. Ohne Bewegung lauscht er der Anklage.

"Dass es zum Prozess kommt, ist ein großer Erfolg"

"Man kennt ja alle Seiten gut", sagt Bistritz weiter. Lolita habe gerade mal 50 Meter unterhalb seines Hauses, der mutmaßliche Täter etwa 150 Meter oberhalb gewohnt. Und der Zeuge, der im September 2011 den Fall entscheidend ins Rollen gebracht hat, wohnte bis vor einer Weile dem Ortsbürgermeister genau gegenüber. Der Zeuge hatte die Ermittler zum Leichen-Fundort geführt - er sagt, er habe dem Täter damals bei der Beseitigung der Toten geholfen.

Immer wieder beschäftigt hat der Fall Brieger auch die Trierer Staatsanwaltschaft. "Wir haben die Akte in regelmäßigen Abständen aus dem Keller geholt, ohne aber neue Erkenntnisse zu bekommen", sagt Triers Leitender Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer. Die Vermutung, dass es jemand aus dem Ort oder Umfeld gewesen sein könnte, gab es immer.
Und, dass es Mitwisser gibt. Was sich dann ja auch bestätigte, als der Zeuge auspackte.

"Dass es nach fast 30 Jahren überhaupt noch zu einem Prozess kommt, ist schon ein großer Erfolg", sagt Brauer. Auch, wenn es im Prozess sehr schwierig werde, dem Angeklagten den Mord nachzuweisen.
Nur dann könnte er verurteilt werden, weil andere Straftaten wie etwa Totschlag längst verjährt wären. Der Prozess geht bis Anfang Mai.

Und dennoch: "Selbst, wenn es zu keiner Verurteilung kommt, war die Arbeit wichtig", sagt Brauer. Denn durch den Fund der Leiche von Lolita Brieger hätten wenigstens die Angehörigen Gewissheit bekommen - und ihre Tochter und Schwester würdig begraben können. Und: "So ist Lolita Brieger nicht auf der Müllkippe verscharrt geblieben."

(lnw)
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