Mutmaßlicher Mörder von Susanna Ali B. ist wieder in Deutschland

Berlin · Der Verdächtige im Fall der getöteten 14-jährigen Susanna soll die Tat einem Medienbericht zufolge im Irak gestanden haben. Am Samstagabend ist er wieder in Deutschland gelandet und soll noch in der Nacht vernommen werden.

 Blumen für das Opfer an einer improvisierten Gedenkstätte.

Blumen für das Opfer an einer improvisierten Gedenkstätte.

Foto: dpa/Boris Roessler

Der Verdächtige im Mordfall Susanna, Ali B., ist nach Angaben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wieder in Deutschland. "Ich bin froh, dass der von der deutschen Justiz gesuchte, mutmaßliche Täter wieder in Deutschland ist", erklärte Seehofer am Samstagabend in Berlin. So könne das Ermittlungsverfahren schnell vorangetrieben werden. Kurdischen Ermittlern zufolge hat Ali B. die Tötung des 14-jährigen Mädchens aus Mainz gestanden.

Erste Vernehmung noch in der Nacht

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete auf ihrer Website, die Lufthansa-Maschine mit dem Tatverdächtigen an Bord sei am Abend um 20.36 Uhr auf dem Flughafen Frankfurt/Main gelandet. An Bord der Maschine aus dem nordirakischen Erbil sei auch der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann.

B. wurde der "FAZ" zufolge mit dem Hubschrauber zum Polizeipräsidium Wiesbaden geflogen. In Handschellen und von mehreren Beamten begleitet wurde er in das Polizeipräsidium gebracht, wo er noch in der Nacht zu den Vorwürfen gegen ihn befragt werden solle. Am Sonntag solle er einem Haftrichter vorgeführt werden.

Der 20-Jährige hatte sich in den Nordirak abgesetzt und war dort in der Nacht zum Freitag von kurdischen Sicherheitskräften festgenommen worden. Ali B. steht im Verdacht, die am Mittwoch in Wiesbaden tot aufgefundene Susanna F. in der Nacht vom 22. auf 23. Mai vergewaltigt und anschließend durch Gewalt gegen den Hals getötet zu haben. Von der geplanten Rückkehr nach Deutschland hatten zunächst der "Wiesbadener Kurier" und die "Allgemeine Zeitung Mainz" berichtet.

Geständnis vor kurdischem Richter

Der Verdächtige habe die Tötung Susannas vor dem kurdischen Ermittlungsrichter gestanden, sagte Polizeioffizier Tarik Ahmed. Dem kurdischen TV-Sender Rudaw sagte Ahmed, der Verdächtige und sein Opfer hätten vor der Tat viel Alkohol getrunken und Tabletten geschluckt. Zwischen den beiden sei es zum Streit gekommen. Das Mädchen habe gedroht, die Polizei anzurufen, was Ali B. nach eigener Aussage zu der Tat getrieben habe - er habe die 14-Jährige stranguliert.

Die Mutter des Verdächtigen sagte der Deutschen Welle, ihr Sohn könne sich nicht an die Tat erinnern, weil er betrunken gewesen sei.
Demnach erfuhr die Familie erst durch die Verhaftung im Irak und durch Nachrichten im Internet von den Vorwürfen gegen den jungen Mann.

Zu einem Rücktransport des Verdächtigen gab es von Bundes- und Landesministerien sowie von der Bundespolizei am Samstag zunächst keine Stellungnahmen. Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sagte dem RBB: "Ich gehe davon aus, dass der Prozess gegen den 20-Jährigen in Deutschland durchgeführt werden kann."

Mit einer Schweigeminute gedachten etwa 75 Menschen in Mainz der getöteten 14-Jährigen. Es helfe nicht, "Hass mit Hass zu begegnen", sagte eine Rednerin am Samstag auf der Veranstaltung, zu der die "Gutmenschliche Aktion Mainz" aufgerufen hatte. Ebenfalls am Samstag demonstrierte die AfD-Landtagsfraktion in Mainz unter dem Motto "Es reicht! Endlich Konsequenzen ziehen!" Etwa 100 Menschen kamen zu der Kundgebung, auf der der AfD-Landesvorsitzende Uwe Jung "reflexartige" Versuche kritisierte, Gewalttaten mit Flüchtlingen als Täter zu bagatellisieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Festnahme des Tatverdächtigen und die Rückführung nach Deutschland begrüßt. "Das unfassbare Leid, dass der Familie und dem Opfer widerfahren ist, bewegt jeden und erfasst auch mich", sagte sie am Samstag am Rande des G7-Gipfels im kanadischen La Malbaie. Sie sprach von einem "abscheulichen Mord" und plädierte für eine entschiedene Ahndung solcher Straftaten. Wenn die Tat bewiesen sei, müsse die Justiz "mit aller Klarheit ein Urteil sprechen".

Fall löst politische Debatte aus

Der Fall hat eine heftige politische Debatte ausgelöst.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung", ein solches Verbrechen müsse Folgen haben. "Die Straftäter, aber auch diejenigen, die ihre staatlichen Pflichten vernachlässigt haben, müssen zur Verantwortung gezogen werden. Schon bisher verläuft fast jede Integrationsdebatte emotionsgeladen. Durch diesen Fall wird das noch verstärkt." Um eine tolerante Gesellschaft zu schützen, müsse gegen die, die solche Straftaten begingen, mit aller Härte vorgegangen werden.

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird derweil der Ruf nach einer Verkürzung der Asylklageverfahren laut. Der Asylantrag des verdächtigen Irakers war bereits Ende 2016 abgelehnt worden, er hatte aber Rechtsmittel dagegen eingelegt, so dass eine Abschiebung damit gestoppt war. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU) sagte der "Rheinischen Post": "Es darf nicht sein, dass ein abgelehnter Asylbewerber sein Aufenthaltsrecht allein durch eine Klage um deutlich mehr als ein Jahr verlängern kann." Die Verwaltungsgerichte müssten mehr Personal bekommen. Außerdem sei zu überlegen, "wo wir das Asylprozessrecht verändern müssen".

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, kritisierte, dass Deutschland offensichtlich nicht über die rechtlichen Instrumente verfüge, um ausreisepflichtige Gewalttäter zu inhaftieren: "Das bayerische Polizeigesetz sollte Musterpolizeigesetz für Deutschland werden", schlug Wendt in der "Passauer Neuen Presse" vor. "Das neue bayerische Polizeigesetz sieht vor, dass Menschen, von denen eine Gefahr ausgeht, in Gewahrsam genommen werden können."

Nach Auffassung der Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität, Susanne Schröter, sollte sich die deutsche Gesellschaft Konzepte für den Umgang mit patriarchalisch geprägten und aggressiven Männern überlegen. "Das ist jetzt kein Einzelfall mehr", sagte die Ethnologin der Deutschen Presse-Agentur.

Im Islam wie auch in anderen Religionen gebe es patriarchalisch geprägte Normen, die Gewalt und sexuelle Übergriffe legitimierten. Im Fall Susanna könne dies der Hintergrund sein: "Dieser junge Mann hatte ganz offensichtlich überhaupt keinen Respekt." Weder vor der deutschen Gesellschaft noch vor Frauen oder Polizisten.

(felt/csi/dpa)
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