Lebensmittel-Imitate Mogel-Schinken entsetzt Verbraucherschützer

Frankfurt/Main (RPO). Nach dem "Analog-Käse" verderben nun auch Schinken-Imitate dem Verbraucher den Appetit. In Handel und Gastronomie wird häufig Schinkenersatz verwendet, bei dem der Fleischanteil teilweise weniger als 50 Prozent beträgt, wie jetzt bekannt wurde.

Lebensmittel-Imitate: Mogel-Schinken entsetzt Verbraucherschützer
Foto: AP, AP

Bei Proben in Bayern stellten sich 30 der 78 angeblichen Schinken als Imitate heraus. Laut Verbraucherschützern ist das Problem schon lange bekannt. Sie fordern bessere Kennzeichnungsregeln, eine schärfere Ahndung der Verstöße und eine verpflichtende Informierung der Öffentlichkeit.

"Schinken ist seit Jahren auffällig", sagte Andrea Danitschek von der Verbraucherzentrale Bayern. Laut Bayerischem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wird in der Gastronomie häufig Schinkenimitat verwendet. Dabei handelt es sich um minderwertige und billige Ersatzprodukte, die lediglich einen Fleischanteil von durchschnittlich 60 Prozent aufweisen. Der fehlende Fleischgehalt wird mit Wasser ausgeglichen, außerdem werden Bindemittel wie Stärke sowie Gelier- und Verdickungsmittel und fleischfremdes Eiweiß zugesetzt.

Häufig falsch ausgezeichnet

Obwohl solche Produkte nicht als Schinken bezeichnet werden dürfen, werden sie laut Landesamt häufig falsch ausgezeichnet. Und selbst wenn der Hersteller sie korrekt etwa als "Pizzabelag aus gepökeltem Schulterfleisch" auszeichnet, wird dieses Ersatzprodukt auf der Speisekarte häufig dennoch als Schinken aufgeführt.

In Bayern wurden 2008 bei Proben an 78 Produkten, die als Schinken ausgezeichnet waren, 30 als Imitate enttarnt, die alle aus dem Ausland kamen, 23 davon aus Belgien. "Das ist ganz klar ein Problem der Gastronomie", sagte eine Sprecherin des Landesamts der AP. In diesem Bereich seien "auch weiterhin intensive Kontrollen und Untersuchungen erforderlich", heißt es bei der Behörde.

In Hessen wurden seit 2006 insgesamt 528 Proben genommen, in fast jedem dritten Fall wurden Imitate entdeckt, wie der hessische Verbraucherschutz-Staatssekretär Mark Weinmeister hr-Info sagte. Besonders häufig seien die Beanstandungen in Gaststätten gewesen, wo in zwei Dritteln aller Fälle etwa für Schinken-Pizza oder Schinken-Nudeln Imitate verwendet worden seien.

"Das ist üble Verbrauchertäuschung", sagte Weinmeister. Hier liege eine Ordnungswidrigkeit vor, bei nachgewiesenem Vorsatz sogar eine Straftat. Er kündigte ein hartes Durchgreifen der Lebensmittelkontrolle an. Jedem, der das Imitat wiederholt ohne korrekte Kennzeichnung verwende, drohe die Veröffentlichung seines Namens im Internet.

Aktive Informationspflicht gefordert

Im April war bereits bekannt geworden, dass bei vielen vermeintlichen Käse-Produkten nur Käse-Imitate, sogenannter Analog-Käse verwendet werden. Das ist in Deutschland nicht verboten, allerdings dürfen die Produkte nicht als "Käse" verkauft werden.

"Der Verbrauchertäuschung durch 'Analog-Käse' und Schinken-Imitate muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden", sagte der verbraucherpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Hans-Michael Goldmann, der AP. Die bestehenden Gesetze müssten strenger angewandt werden. Der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, sprach von "kriminellen Machenschaften zu Lasten der Verbraucher und Landwirte" und forderte eine Verschärfung der Kontrollen.

Die Organisation Foodwatch fordert, dass Behörden Beanstandungen bei Lebensmittelkontrollen auch von sich aus öffentlich machen müssten. Außerdem reiche es nicht, dass Imitate nicht mit der Bezeichnung "Schinken" oder "Käse" verkauft werden dürfen. Sie müssten für den Verbraucher deutlich als Imitate gekennzeichnet sein.

(AP)
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