Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule Moderatorin Fried: "Entschuldige dich!"

Düsseldorf (RPO). Die Moderatorin und Bestseller-Autorin Amelie Fried hat offenherzig über ihre ambivalenten Erfahrungen an der Odenwaldschule berichtet. Sie bekennt erstmals bisher verschwiegene Erlebnisse, die angesichts der jüngsten Enthüllungen in einem neuen Licht erscheinen – und fordert von dem ehemaligen Direktor der Schule eine Entschuldigung bei den Opfern.

Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule: Moderatorin Fried: "Entschuldige dich!"
Foto: ddp

Düsseldorf (RPO). Die Moderatorin und Bestseller-Autorin Amelie Fried hat offenherzig über ihre ambivalenten Erfahrungen an der Odenwaldschule berichtet. Sie bekennt erstmals bisher verschwiegene Erlebnisse, die angesichts der jüngsten Enthüllungen in einem neuen Licht erscheinen — und fordert von dem ehemaligen Direktor der Schule eine Entschuldigung bei den Opfern.

Amelie Fried habe eine "glückliche Siebziegerjahre-Jugend voller Flower Power, Peace-Zeichen auf den Jeans und Aufbruchstimmung" an der Odenwald-Schule verbracht, schreibt sie in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Das ist die eine Seite des Internats, das bis vor kurzem einen tadellosen Ruf hatte und an dem nicht wenige heute Prominente ihre Schulzeit verbrachten.

Die dunkle Seite der traditionsreichen Reformschule ist erst seit kurzem bekannt: Lehrer, die sich an ihren Schutzbefohlenen vergingen. Amelie Fried zeigt sich erschüttert über die aufgedeckten Fälle sexuellen Missbrauchs. Sie hat zahlreiche Briefe von Betroffenen erhalten und ihre eigenen Erlebnisse durch die Gespräche neu bewertet, schreibt sie in der "FAZ". Sie berichtet von "Andeutungen und Witzen über die Vorliebe des Direktors Gerold Becker für kleine Jungs", Sprüche von der "Hand unter der Bettdecke", mit denen Jungs morgens angeblich geweckt würden.

Die Schüler lebten in sogenannten "Familien", denen ein Lehrer als "Familienvater" zugeordnet wurde. Fried beschreibt die schöne und offene Atmosphäre der Zeit, Lehrer die sie duzen durfte und mit denen die Schüler offen über alles diskutierten. Auch wenn sie sich selbst nicht mit den Opfern sexuellen Missbrauchs vergleichen will, schildert sie aber auch, wie sie zu gemeinsamen Duschen und Strip-Poker von ihrem "Familienvater" genötigt wurde. Als sie sich wehrte, sei sie von ihm eine "schwäbische Spießerin" genannt worden.

Dennoch will sich Fried nicht der Interpretation von Bischof Walter Mixa anschließen, der der sexuellen Revolution der 60er und 70er Jahre eine Mitverantwortung für sexuelle Übergriffe gibt. Vielmehr schließt sie sich dem Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit an, der sagte, "eine libertäre Sexualmoral, die auf Emanzipation angelegt ist" sei für "sexuellen Missbrauch und sexuelle Ausbeutung benutzt" worden. Cohn-Bendit war ebenfalls Schüler der Odenwaldschule.

Mit eindringlichen Worten wendet sich Fried am Ende des Beitrags direkt an den damaligen Direktor der Odenwaldschule, Gerold Becker: "War das, was Du uns auf der OSO beigebracht hast, ernst gemeint? Konflikte nicht aus dem Weg gehen. Sich für andere einsetzen. Mutig sein. Dann gehe Konflikten nicht aus dem Weg! Sei mutig! Entschuldige dich und bitte deine Opfer um Verzeihung!".

(sdr/rm)
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