Schulleiter tritt zurück Missbrauchsskandal in Ettal weitet sich aus

München (RPO). Der Missbrauchsskandal im oberbayerischen Kloster Ettal weitet sich aus. Inzwischen haben sich rund 20 mutmaßliche Opfer gemeldet, wie die von der Kirche eingesetzten Ombudsmänner am Freitag in München mitteilten. Unterdessen ist der Schulleiter des Klosters zurückgetreten.

Zudem stelle sich inzwischen heraus, dass Schüler teilweise auch massiv verprügelt wurden. Insgesamt würden vier Klostermitglieder beschuldigt, von denen eines bereits verstorben ist.

Unter anderem gebe es Vorwürfe aus dem Jahr 2005, hieß es. Dabei gehe es um gravierenden sexuellen Missbrauch an zwei Schülern, erklärte Ordinariatspressesprecher Bernhard Kellner. "Es geht hier nicht um Streicheln unterm T-Shirt", sagte Rechtsanwalt Burkard Göpfert, einer der Ombudsmänner. In diesem Fall ist auch die Staatsanwaltschaft tätig. Viele andere Fälle gehen zeitlich deutlich weiter zurück.

Für mich war es die Hölle

Siegfried Kneißl, der bischöfliche Beauftragte für die Prüfung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs und einer der Ombudsmänner, sagte, für ihn ergebe sich eine teils erschreckende Gesamtschau. Er zitierte am Freitag aus Mitteilungen, die er und Göpfert erhalten hatten. Ein Schüler aus den 80er Jahren schilderte seine Erfahrungen so: "Mit Grauen erinnere ich mich an die konstanten und furchtbaren Schläge." Eine Mutter berichtete davon, dass ihr Sohn als Folge erlittenen Leids heute Alkoholiker sei. Ein ehemaliger Schüler erklärte den Ombudsmännern: "Für mich war es eine Hölle, die oft wieder hochkommt."

Göpfert sprach von einer Mauer des Schweigens im Kloster, Kneißl von einem beharrlichen Schweigen, durch das in der Vergangenheit die Möglichkeit neuer Fälle nicht verhindert worden sei. Am Freitag trat in Ettal nach dem Abt auch dessen Stellvertreter und Schulleiter des dortigen Internates, Pater Maurus Kraß, von seinen Ämtern zurück. Er übernahm damit die Verantwortung dafür, dass Verdachtsfälle aus dem Jahr 2003 und 2005 nicht gemeldet worden waren.

Zur Glaubwürdigkeit der jetzt bei ihnen eingehenden Vorwürfe sagte Kneißl, dass das, was er und Göpfert von verschiedenen Personen an Informationen bekämen, zusammenpasse.

Neuer Vorwurf in St. Ottilien

Zudem gibt es weitere Vorwürfe gegen die Erzabtei St. Ottilien. Dort gingen Beschuldigungen gegen ein ehemaliges Ordensmitglied ein. Eine Beauftragte des Klosters habe "bereits Kontakt mit dem Opfer aufgenommen", erklärte das Missionsbenediktiner-Kloster.

Der Beschuldigte war in den 60er Jahren Erzieher und Lehrer am Internat des Klosters. Bereits damals habe es Vorwürfe gegeben, sagte Pressesprecher Martin Wind. Der Beschuldigte sei daraufhin aus allen Aufgaben mit Kindern abgezogen worden. 1969 habe er den Orden verlassen. Die Staatsanwaltschaft hat ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet.

Kritik an Bischofskonferenz

Am Freitag wurde Kritik an der Deutschen Bischofskonferenz im Zusammenhang mit den von ihr angekündigten Schritten gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche laut. Der Sprecher der Missbrauchsopfer, Norbert Denef, sprach im ZDF am Freitag von mangelndem Aufklärungswillen und sogar einer "Verhöhnung der Opfer". Auch die Bewegung "Wir sind Kirche" hält die Reaktionen der Bischöfe laut WDR nicht für ausreichend. Die Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens sagte im ZDF, sie hätte eine Aufklärung durch Außenstehende für besser gehalten.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete die Erklärung der Bischofskonferenz dagegen als einen Schritt in die richtige Richtung.

Aus der CSU-Fraktion im Bundestag kam die Forderung, Kindesmissbrauch künftig als Verbrechen einzustufen, so dass die Mindeststrafe künftig ein Jahr betrage. Zudem solle die Höchststrafe von 10 auf 15 Jahre erhöht werden.

Schulleiter von Kloster Ettal tritt zurück

Wegen des Missbrauchsskandals am oberbayerischen Kloster Ettal ist nun auch der Prior der Benediktinerabtei und Leiter der Klosterschule, Pater Maurus Kraß, von seinen Ämtern zurückgetreten. Kraß übernehme damit die Verantwortung dafür, mutmaßliche Missbrauchsfälle aus den Jahren 2003 und 2005 nicht gemeldet zu haben, teilte das Erzbischöfliche Ordinariat München am Freitag mit. Aus dem selben Grund hatte am Mittwoch bereits der Abt des Klosters, Barnabas Bögle, seinen Rücktritt erklärt.

Das Erzbistum begrüßte den Schritt des Priors. "Wir danken Pater Maurus dafür, dass er die richtigen Konsequenzen aus den Versäumnissen zieht. Zugleich bauen wir auf seine Zusage, dass er für einen Neuanfang in der Benediktinerabtei an der notwendigen Aufarbeitung der Vorwürfe und Vorfälle konstruktiv mitwirken will", erklärte der Generalvikar des Erzbischofs von München und Freising, Prälat Peter Beer.

(AP/felt)
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