27-jähriger Hauptbeschuldigter aus Münster „Sie können es sich nicht vorstellen“ – Ermittler decken bundesweiten Missbrauchsfall auf

Münster · Nach Ermittlungen der Polizei Münster wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sind elf Tatverdächtige festgenommen worden. Die Opfer sind drei Kinder. Die Ermittler hätten „unfassbare“ Bilder sehen müssen, sagte der zuständige Kriminalhauptkommissar.

Fotos: Gartenlaube und Kellerraum des Missbrauchsfalls von Münster
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Die Gartenlaube des Missbrauchsfalls von Münster

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Foto: dpa/Guido Kirchner

Gegen sieben Beschuldigte wurde Untersuchungshaft angeordnet. Es handele sich um sechs Männer und eine Frau, teilten die Ermittler mit. Der Hauptbeschuldigte sei ein 27-Jähriger aus Münster. Außerdem handele es sich um dessen Mutter aus Münster sowie um Männer aus Staufenberg, Hannover, Schorfheide, Kassel und Köln. Drei Kinder wurden als Opfer identifiziert. Sie seien 5, 10 und 12 Jahre alt, teilten die Ermittler weiter mit. Sie kommen demnach aus Münster sowie Staufenberg und Kassel in Hessen.

Bei dem Hauptverdächtigen handelt es sich um einen 27 Jahre alten IT-Techniker. Die Ermittler hätten große Mengen an Datenträgern gefunden, die hochprofessionell verschlüsselt worden seien, sagte der Leiter der Ermittlungen, Kriminalhauptkommissar Joachim Poll am Samstag in Münster. Den Ermittlern sei es bis heute nicht gelungen, alle Daten zu entschlüsseln. Poll sprach von aufwendigen, kniffligen und mit viel Technik verbundenen Ermittlungen. Der 27-Jährige sei in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Kreis Coesfeld für die IT-Technik tätig gewesen.

Die Ermittler hätten „unfassbare“ Bilder sehen müssen, sagte Poll. Mit den Worten „nun beginnt das Schockierende“ begann er seine Schilderungen. Es gehe um sexuelle Handlungen schwerster Art, die von vier erwachsenen Männern begangen worden seien. „Sie können es sich nicht vorstellen“, sagte er.

In dem Missbrauchsfall haben laut den Ermittlungen vier Männer wechselweise einen fünf- und einen zehnjährigen Jungen in einer Gartenlaube über Stunden schwer sexuell missbraucht. Das habe die Auswertung einer bereits gelöschten Festplatte ergeben, die die Ermittler versteckt in einer Zwischendecke gefunden hatten.

Die Kinder sollen vor den Taten betäubt worden sein. Körperliche Verletzungen hätten sie nicht davon getragen, sagte Poll, in Münster. Die Kinder seien von Rechtsmedizinern untersucht worden. Die Opfer werden von den zuständigen Jugendämtern betreut.

Die Ermittler haben in einem Keller in Münster einen komplett eingerichteten, klimatisierten Serverraum gefunden. Er sei dem 27-jährigen Tatverdächtigen zuzurechnen, sagte Poll. Speichervolumen der sichergestellten Daten liege nach ersten Erkenntnissen bei über 500 Terabyte. Poll sprach von mehreren Hundert Asservaten an gefundener IT-Technik.

Die Polizei in Frankfurt (Oder) hatte bereits am Freitag Durchsuchungen im brandenburgischen Finowfurt in einem Wohnhaus und einem Kleingarten bestätigt. Bei dem Einsatz sei es um Kinderpornografie gegangen, teilte eine Sprecherin der Polizei mit. Die Aktion sei von Beamten aus Nordrhein-Westfalen geplant und durchgeführt worden. Die Brandenburger Kollegen hätten lediglich Unterstützung geleistet.

Nordrhein-Westfalen ist seit Anfang 2019 mit mehreren Fällen mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern in die Schlagzeilen geraten. Zuerst war der Fall Lügde bekannt geworden. Auf einem Campingplatz im Kreis Lippe waren Kinder hundertfach von mehreren Männern über Jahre schwer sexuell missbraucht worden. Das Landgericht Detmold schickte die Täter im Herbst 2019 ins Gefängnis.

Ermittlungen zu einem bundesweiten Kinderpornografie-Tauschring hatten im Oktober 2019 in Bergisch Gladbach bei Köln begonnen und erstrecken sich mittlerweile auf sämtliche Bundesländer. Allein in NRW wird gegen über 20 Verdächtige ermittelt. Ende April hatte ein erster Prozess in Mönchengladbach gegen zwei 39 Jahre alte Männer begonnen.

(hebu/dtm/dpa)
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