"Merkel muss weg" Knapp 2000 Rechtsextreme marschieren durch Berlin

Berlin · Zwar konnten Rechtsradikale für eine Demonstration mindestens 1800 Gefolgsleute mobilisieren - aber vier Mal so viele Gegendemonstranten sind nach Polizeiangaben am Samstagnachmittag durch Berlin gezogen.

Rechte Demo in Berlin: "Merkel muss weg" - 1800 Rechtsxtreme ziehen durch Berlin
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"Merkel muss weg" - 1800 Rechtsxtreme ziehen durch Berlin

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Foto: dpa, bvj tmk

Die Demonstration von Rechtsextremen unter dem Motto "Merkel muss weg" blieb deutlich unter den vom Anmelder erwarteten 5000 Teilnehmern, während mit mindestens 7500 Gegendemonstranten ein deutliches Zeichen gegen Rechts gesetzt wurde. Zusammenstöße zwischen den Lagern konnten durch das massive Polizeiaufgebot verhindert werden.

Die Demonstration der Rechtsextremen durch das Berliner Regierungsviertel war von Enrico Stubbe, einem Vorstandsmitglied der nationalistischen Partei Bürgerbewegung Pro Deutschland, angemeldet worden. An einer von Stubbe organisierten Demonstration im März hatten sich überraschend bis zu 3000 Rechte beteiligt, weshalb die Veranstalter auf ein weiteres Anwachsen ihrer Bewegung gehofft hatten.

Breites rechtsextremes Spektrum vor Ort

Die Menschen, die sich am Nachmittag auf dem Washingtonplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof versammelten, waren zwar deutlich weniger als die später von einer Rednerin proklamierten 5000 Teilnehmer. Dafür war fast die gesamte Bandbreite der rechtsextremen Szene vertreten: die neu-rechte "Identitäre Bewegung" (IB), die rechtsextreme Partei "Der III. Weg", Reichsbürger, Hooligans und Rechtsautonome.

Viele gaben sich keine Mühe, ihre Gesinnung zu kaschieren: "Adolf war ein Guter" prangte auf einem T-Shirt, "Division Sachsen-Anhalt" sowie "Ich bin Pack und stolz darauf" auf anderen. Daneben versammelten sich sogenannte Reichsbürger, aber auch auf den ersten Blick unauffällige Bürger.

Die Menge rief immer wieder "Merkel muss weg", "Lügenpresse, halt die Fresse" sowie eindeutig rechtsextreme Parolen wie "Hier marschiert der nationale Widerstand" oder auch "Frei, sozial und national". Den Fahnen zufolge waren Demonstranten aus beinahe allen Bundesländern angereist.

Gegendemonstranten in der Mehrzahl

Anders als im März waren am Samstag die Gegendemonstranten in der Mehrzahl. Während das Bündnis Berlin Nazifrei nach eigenen Angaben insgesamt 12.000 Nazi-Gegner zählte, kam die Polizei auf etwa 7500 Teilnehmer. 3000 Demonstranten seien dem Aufruf von Kirchen, Parteien und Gewerkschaften zur Demonstration "Für ein weltoffenes und tolerantes Berlin" gefolgt.

Weitere 4500 Menschen spazierten und tanzten demnach unter dem Motto "Für ein solidarisches Berlin" und "Raven gegen Nazis" vom Hackeschen Markt in Richtung Bundestag. Die Demonstration des Bündnisses Berlin Nazifrei wurde von den Berliner Clubbetreibern musikalisch unterstützt. Bei strahlendem Sonnenschein waren junge Menschen genauso unterwegs wie Familien. Die Rechten versammelten dagegen vor allem Männer mittleren Alters.

1700 Polizisten im Einsatz

Die Polizei war mit einem Großaufgebot von 1700 Beamten im Stadtzentrum unterwegs, um Rechtsextreme und die Gegendemonstranten voneinander fern zu halten. Wirklich nahe kamen sich beide Seiten nur in Höhe des Kanzleramtes.

Der Berliner Linken-Abgeordnete Hakan Tas wurde nach eigenen Angaben im Berliner Hauptbahnhof von zwei Rechten in den Bauch geschlagen, blieb aber unverletzt. Weitere Übergriffe von Rechtsextremen wurden zunächst nicht bekannt.

Auf Seiten der Gegendemonstranten gab es im Regierungsviertel vereinzelte Flaschenwürfe in Richtung Polizei. Demonstranten, die die Polizeibarrikaden durchbrechen wollten, wurden teilweise unter Einsatz von Tränengas zurückgehalten. Einige wenige Gegendemonstranten wurden vorübergehend festgenommen. Insgesamt bewertete Polizeisprecher Winfried Wenzel den Verlauf der Demonstrationen aber als friedlich.

(felt/dpa/AFP)
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