Femen-Aktivistin Josephine Witt "Meine Brüste schaden nur dem Patriarchat"

Düsseldorf · Wäre die Femen-Bewegung eine internationale Werbe-Kampagne, dann ist Josephine Witt ihr Gesicht für Deutschland. Witt stürmte den Kölner Dom, eine Lanz-Sendung und attackierte Putin. Und sie hat noch viel vor.

 "Es gibt noch vieles, wofür ich kämpfen möchte": Josephine Witt.

"Es gibt noch vieles, wofür ich kämpfen möchte": Josephine Witt.

Foto: dpa, Elke Lehrenkrauss

Josephine Witt weiß um die Medienwirksamkeit ihrer Aktionen. Am ersten Weihnachtstag stürmte sie das größte Gotteshaus Deutschlands, den imposanten Kölner Dom, und protestierte barbusig auf dem Altar gegen die katholische Kirche.

Witt ist erst 20 Jahre jung. Und doch war der Dom-Sturm im Rahmen der Weihnachtsmesse nicht ihr erster Auftritt, mit dem sie in der Öffentlichkeit auf die Rechte von Frauen aufmerksam machen will. Die Hamburgerin, die Philosophie studiert, ist seit Anfang des Jahres aktives Femen-Mitglied — und seither mehrfach in Erscheinung getreten.

"Fuck dictator"-Rufe in Hannover

Anfang April störten vier halbnackte Demonstrantinnen — darunter auch Witt — den Rundgang von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Hannover Messe. Die Frauen hatten sich den Politikern lautstark mit "Fuck dictator"-Rufen genähert. Putin reagierte auf der anschließenden Pressekonferenz belustigt auf den Vorfall. "Die Aktion hat mir gefallen", sagte er. Daran sei "nichts Schreckliches". Was die Frauen geschrieen hätten, habe er aber nicht genau verstehen können.

Ganz so glimpflich ging es für Witt Ende Mai nicht aus: Sie wurde in Tunesien verhaftet und musste 29 Tage ins Gefängnis. In der Hauptstadt Tunis hatte sie sich mit zwei französischen Aktivistinnen halbnackt an den Zaun des Justizministeriums geklammert. Sie protestierte gegen die Verhaftung der Aktivistin Amina Tyler.

Nach ihrer Freilassung erklärte sie in einem Interview mit der Zeit, ihre Mission sei noch nicht zu Ende. "(…) es gibt noch vieles, wofür ich kämpfen möchte. Ich muss mich jetzt erholen, aber ich werde wieder protestieren. Femen ist Teil meiner Identität geworden." Und schließlich hätten ihre "Brüste noch niemandem geschadet. Außer dem Patriarchat."

Femen stürmt Lanz-Show

Bei einer Talkshow von Markus Lanz Anfang Dezember protestierte sie vor laufenden Kameras gemeinsam mit einer weiteren Femen-Aktivistin gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in Katar, wo 2022 die Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen wird.

Die Frauen gingen mitten in der Sendung mit nackten Oberkörpern auf die Bühne - um ihre Brüste waren Fußbälle aufgemalt. Sie sprangen zwischen den Gästen auf und ab und skandierten "Boykott, FIFA, Mafia". Auf ihren Bäuchen standen die Slogans "Blut & Spiele" sowie "Don't play with human Rights" - "Spiele nicht mit Menschenrechten". Die Frauen wurden von Sicherheitsleuten aus dem Studio gebracht.

An Weihnachten stürmte Witt während der Weihnachtsmesse im Kölner Dom auf den Altar. Mit der Aktion wolle sie gegen das Machtmonopol und die Ausgrenzung bestimmter Gruppen durch die katholischen Kirche protestieren, erklärte sie nach ihrer Festnahme.

Ursprung in der Ukraine

Für den Kölner Kardinal Meisner, der die Messe las, war der Zwischenfall eine denkwürdige Geburtstagsüberraschung: Der konservative Kleriker feierte am Mittwoch seinen 80. Geburtstag. Im Februar wird er aus dem Amt scheiden. Meisner gab sich unbeeindruckt: "Jeder hat den Segen verdient. Sogar die verwirrte Frau vorhin. Sie schließe ich mit ein, sie hat es wohl auch am Nötigsten."

Die Femen-Bewegung begann im April 2008 in Kiew. Die Gruppe um die Ukrainerin Anna Hutsol formierte sich, um sich für die Rechte von Frauen einzusetzen — insbesondere jener, die verschleppt werden, um irgendwo in Europa als Prostituierte anzuschaffen.

Rund um die Fußball-Europameisterschaft im Sommer 2012 gab es mehrere Proteste. Seit 2011 bemüht sich die Gruppe, auch in anderen europäischen Ländern medienträchtig auf sich aufmerksam zu machen.

(nbe)
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