Rheinische Fußballfans lieben ihren Verein Lust am Kummer

Düsseldorf (RP). Kaum eine Liebe ist so dauerhaft wie die eines rheinischen Fußballfans zu seinem Lieblingsverein. Der Schmerz ist programmiert, ein Wechsel des Klubs völlig ausgeschlossen.

Die Rheinländer sind Kummer gewohnt. Liebeskummer. Nun ist statistisch zwar nicht belegt, dass hierzulande alle Arten von Beziehungen grundsätzlich größere Schmerzen bereiten als anderswo in Deutschland - auf die Fußball-Fans trifft diese Einschätzung aber in jedem Fall zu. Vielleicht sogar in Leverkusen, wo die Erfolgsgeschichte seit einiger Zeit ins Stocken geraten ist. Ohne Zweifel aber in Düsseldorf, Köln und Mönchengladbach: Dort haben die Fußball-Anhänger seit vielen Jahren die Gewissheit, dass die Liebe zu ihrem Verein mit Schmerzen verbunden ist.

Der Intensität der Gefühle tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil. Was haben die Gladbacher und Kölner geweint, als es mit Borussia und FC hinab in die Zweite Liga ging. Und es war natürlich Ehrensache, treu zur angeschlagenen Geliebten zu stehen - oft mit besseren Zuschauerzahlen, vor allem mit besserer Stimmung als im Oberhaus. Und was können erst die Düsseldorfer über ihr Liebesleid erzählen, die mit ihrer Fortuna in nur fünf Jahren, von 1997 bis 2002, von der 1. Bundesliga bis in die viertklassige Oberliga stürzten.

Mehr als 5000 Zuschauer

Jetzt rüstet Fußball-Düsseldorf wenigstens zur Rückkehr in Liga drei. Fast müßig zu sagen, dass die Fans ihrer Geliebten in schier unglaublichem Ausmaß die Treue gehalten haben. Mehr als 5000 Zuschauer im Schnitt bei Heimspielen, über 8000 Düsseldorfer beim Niederrheinpokal-Halbfinale in Krefeld - Zahlen, die die Vierte Liga nie erlebt hatte.

Aber was hält die Fans bei einem Klub, der sportlich so oft die andere Wange hinhalten muss? Kabarettist Dieter Nuhr, beinharter Fan der Düsseldorfer Fortuna, sieht darin einen gewissen Hang zum Masochismus, prägte den Spruch: "Wer Fortuna-Fan ist, braucht das Leben nicht zu fürchten." Nicht ganz so prominente Weggefährten denken ähnlich, der Krankenpfleger Peter Vossen etwa: "Letztlich ist es mir egal, in welcher Liga Fortuna spielt. Mein Verein bleibt sie sowieso, und in der Oberliga gewinnt sie wenigstens öfter."

Auch Friedhelm Messerschmidt verschwendet keinen Gedanken daran, jemals den Verein zu wechseln. Der Religionslehrer aus Willich ist verheiratet, hat zwei Töchter und obendrein die zeit- und arbeitsintensive Zusatzaufgabe als Diakon der Kirchengemeinde Heilig Geist in Meerbusch übernommen - wann immer es geht, steht er dennoch im Bökelbergstadion bei seiner Borussia. "Meine Liebe zu diesem Verein hat sehr viel mit Tradition zu tun, ist auch an die großartigen Erfolge in den 70ern gekoppelt", erklärt Messerschmidt. "Im normalen Leben ist auch nicht nur eitel Sonnenschein, es gibt Licht und Schatten. So ist es auch bei meinem Lieblingsklub."

"Das wäre mir zu langweilig"

Ehrensache, dass Messerschmidt bei jedem Gladbacher Spiel eine Kerze anzündet, die ihm ein Mädchen aus seiner Kommunion-Gruppe - übrigens eingefleischte Anhängerin von Fortuna Düsseldorf - gebastelt hat, mit einem Borussia-Logo vorne drauf. Für die Gefolgsleute des FC Bayern München hat er ebenso wie Peter Vossen nur ein müdes Lächeln übrig: "Das wäre mir zu langweilig."

Was Kölner, Düsseldorfer und Mönchengladbacher bei aller rheinischen Rivalität eint, sind die starken Emotionen für ihre Klubs. Die können auch schon mal ins Negative gleiten, im Extremfall zu einem mehrjährigen Fußball-Boykott führen. Aber Fahnenflucht begehen? Sich der Erfolge wegen in die Arme der Bayern, Schalker oder Dortmunder (solange die denn noch Erfolg haben) stürzen? Unvorstellbar. Die Richtschnur dazu hat Andreas Campino Frege ausgegeben, der mit den Toten Hosen bei jedem Konzert die eingangs zitierten Textzeilen ins Mikrofon ruft. Wie die übrigen Bandmitglieder steht er treu zu Fortuna Düsseldorf, ist mit den Hosen auch ein Großsponsor des Oberligisten. "Die Freundin kann man wechseln", sagt Campino, "aber niemals den Fußballverein."

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