Familienfehde in Lüneburg Polizeigewerkschaft macht im Netz ihrem Ärger Luft

Lüneburg · Seit Jahren schwelt der Streit zwischen zwei kurdischen Familien in Lüneburg. Im vergangenen Jahr kam es sogar zu einer Schießerei im Krankenhaus. Auch beim Prozess eskalierte vor wenigen Tagen die Situation. Mit einem Facebook-Post sorgt die Polizei selbst nun für Aufruhr.

Polizisten stehen vor dem Landgericht in Lüneburg während des Prozesses um eine Schießerei zwischen zwei Familienclans im Krankenhaus.

Polizisten stehen vor dem Landgericht in Lüneburg während des Prozesses um eine Schießerei zwischen zwei Familienclans im Krankenhaus.

Foto: dpa, phs fpt

Der Streit zwischen den verfeindeten Clans beschäftigt die Polizei seit Jahren. Es geht um die Fehde zwischen zwei Familien libanesisch-kurdischer und türkisch-kurdischer Herkunft. Laut LKA sind einzelne Familienmitglieder in den vergangenen Jahren immer wieder durch Straftaten aufgefallen. Die Clans sollen der Polizei seit mindestens 2010 bekannt sein. Eine Sonderkommision soll sie sogar zeitweise beobachtet haben.

Im September 2014 eskaliert die Situation. Zwischen Familienmitgliedern kommt es erst zu einer Prügelei in einem Fitnessstudio, dann fallen Schüsse im Krankenhaus. Beim Prozessauftakt vor wenigen Tagen kommt es vor dem Gerichtsgebäude wieder zu einem Streit. Drei Frauen gehen aufeinander los, zwei von ihnen werden verletzt. Die Polizei sorgt zwar schnell für Ruhe, doch kurz darauf werden Beamte von Clanmitgliedern angegriffen.

Für die Gewerkschaft der Polizei in Uelzen (DPoIG) eine nicht hinzunehmende Situation. Auf ihrer Facebook-Seite erklärt die DPoIG: "Wir müssen keine marodierenden Großfamilienclans in unserer Gesellschaft akzeptieren, die glauben, das Recht in die eigene Hand zu nehmen. Die sogenannten Mhallamiye-Kurden — eine ethnischen Minderheit, bereitet den Strafverfolgern in Deutschland seit langem Kopfzerbrechen."

Kurdische Familienclans gehen erneut aufeinander los ++ Lüneburg kommt nicht zur Ruhe ++ Polizei im GroßeinsatzDer...

Beide Familien gehören nach Angaben der Polizei zu den sogenannten Mhallamiye-Kurden. Wie es in der Antwort auf eine Parlamentsanfrage in Niedersachsen heißt, leben derzeit etwa 15.000 Mhallamiye in Deutschland. Größere Gemeinden gebe es in Berlin, Bremen und im Ruhrgebiet. Laut dem Landeskriminalamt lehnen die Familien den Rechtsstaat und die hier geltenden gesellschaftlichen Regeln ab.

Das kritisiert die DPoIG auf Facebook scharf: "Wir sind zu Recht stolz auf unsere Demokratie — unsere Toleranz — unsere Liberalität. Aber es muss rote Linien geben, für Menschen, die sie ausnutzen. Die sie missbrauchen, um ihre kriminellen Machenschaften durchzusetzen. Die ihren Wertvorstellungen aus ihren Kulturkreisen mit Drohung und Einschüchterung Geltung verschaffen wollen. Wir müssen nicht vor lauter Toleranz alles hinnehmen, was eigentlich die große Mehrheit in unserer Gesellschaft nicht will."

Damit dürfte die Polizeigewerkschaft wenig zur Deeskalation der Lage in Lüneburg beitragen. Der Post erntet aber viel Zustimmung. Über 700 Facebook-Nutzern gefällt der Beitrag, fast 1000 haben ihn geteilt, mehrere Hundert haben ihn bereits kommentiert — darunter auch Pro-NRW und Pegida-Sympathisanten. Dabei sind sich die meisten einig: "Wer sich nicht an Gesetz und Ordnung hier hält, soll ausgewiesen werden!!!", "Ende mit selbstmörderischer Toleranz!" oder "Wer dafür 'Toleranz' einfordert, ist entweder Mittäter/Sympathisant oder gehört in die Klapse". Andere wählen einen noch härteren Ton.

Zwar behält sich die DPoIG vor, "Kommentare, die beleidigend, gewaltverherrlichend (...) sind, ohne Warnung zu löschen und den User gegebenenfalls zu blockieren", Beiträge wie diese sind dennoch online zu lesen: "Immer feste druff auf diese Kriminellen" oder "Knallt se ab, dann is ruh!!" oder "Alle in eine Halle sperren (…). Da können die sich gegenseitig alle machen und uns kostet es kein Geld mehr."

Die Eskalation begann im September vergangenen Jahres in einem Fitnessstudio. Die verfeindeten Clan-Mitglieder gingen mit Fäusten und zerbrochenen Glasflaschen aufeinander los. Selbst eine Hantelbank wurde durch den Raum geschleudert. Ein 26 und ein 28 Jahre alter Mann wurden schwer verletzt. Die Polizei rückte mit 21 Streifenbesatzungen an.

Am nächsten Tag wurde die Fehde vor dem Krankenhaus fortgesetzt, wo die Verletzten behandelt wurden. Wieder kam die Polizei, um die Streitparteien auseinanderzuhalten. Dabei sollen sich Familienmitglieder mit Baseballschlägern durch die Klinik verfolgt haben. Dann fielen Schüsse.

Lüneburg: Polizei-Gewerkschaft macht im Internet ihrem Ärger Luft
Foto: dpa, phs tba

Beim derzeit laufenden Prozess kam es erneut zum Streit zwischen den Clans. Dabei wurden auch Polizeibeamte angegriffen. Zwei Beteiligte wurden in Polizeigewahrsam genommen. Nach diesem Vorfall wurde eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei nach Lüneburg geschickt. Sie soll dort die Wohnorte der verfeindeten Familien kontrollieren.

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