„Sommerplan“ der Klimaaktivisten Letzte Generation schadet sich wieder einmal selbst
Meinung · Auch der jüngste Farbanschlag auf die Bar eines Sylter Hotels gelte den „Superreichen“ und deren „Überkonsum“, so die Aktivisten. Warum die Sachbeschädigung ein so sinn- wie folgenloser Protest ist.
Eine Truppe Aktivisten zieht gerade über die Insel Sylt, die eines der Hauptziele ihres „Sommerplanes“ zu sein scheint. Am Dienstag erst verschafften sie sich Zutritt zum Flughafengelände, besprühten einen Privatjet mit Farbe, klebten sich auf dem Rollfeld fest, hielten Einsatzkräfte vier Stunden auf Trab. Am Donnerstag dann der nächste Farbanschlag, diesmal auf die Bar eines Fünfsternehotels, deren weiße Wände, Boden und Inventar anschließend fast vollständig mit orangener Farbe verschmutzt waren. Die Botschaft („gegen den Überkonsum der Superreichen“), die Mittel (Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, die „Warnfarbe“) und die Vorgehensweise erinnern ein wenig an den Kinofilm „Die fetten Jahre sind vorbei“.
Der fast 20 Jahre alte, preisgekrönte Streifen mit Daniel Brühl und Julia Jentsch in den Hauptrollen zeichnet ein ähnliches Bild: Die beiden jungen, linken Nachwuchsrevolutionäre ziehen durch die Straßen des bornierten Berlin-Zehlendorfs, brechen in Villen ein, verrücken teure Möbelstücke und hinterlassen Botschaften an den Wänden. „Die fetten Jahre sind vorbei“, so eine der gesprühten Nachrichten an die „Bonzen“ in der Tragikomödie, könnte auch ein Slogan der selbst ernannten „Letzten Generation“ sein, die sich die „Superreichen“ jetzt als Feindbild vornimmt. Bloß, dass es voranging um Klimaschutz statt um Kapitalismuskritik geht. Klassenkampf aber scheint es allemal.
Die konkrete Forderung, soweit man sie konkret nennen kann, stellen die Aktivisten an Bundeskanzler Olaf Scholz, der seiner grundgesetzlichen Verpflichtung nachkommen und beginnen solle, „unsere Lebensgrundlagen vor dem Überkonsum der Superreichen zu schützen“. Eine weitere Aktion am Donnerstag, bei der durch Straßenkleberei die Jubiläumsfeierlichkeiten von Porsche gestört werden sollten, kommentierte die „Letzte Generation“ auf Twitter: „Porsche fahren oder Lebensgrundlagen sichern?“ Und vielleicht stellt man auf der Düsseldorfer Königsallee für die nächsten Wochen vorsichtshalber etwas mehr Personal an die Eingänge der Luxusgeschäfte. Wen stört’s?
Die „Superreichen“ sicher nicht, und das zurecht. Die pauschale Unterstellung, Besserverdienende würden die Umwelt grundsätzlich schlechter behandeln, ist so stumpf wie Protestaktionen auf einer Nordseeinsel, auf der auch Familien und Durchschnittsverdiener ihren wohlverdienten Sommerurlaub gern verbringen. Wer zählt überhaupt zu den Superreichen? Wo fängt Überkonsum an? Ist umweltbewusste Fortbewegung (ein E-Porsche oder -SUV etwa) nicht wahrer Luxus, der für Geringverdienende unerschwinglich ist? Und müsste nicht konsequenterweise auch vor Primark demonstriert werden, wo Menschen der umweltbelastenden, aber eben billigen Fast Fashion frönen?
Klimaaktivisten besprühen Privatjet auf Sylt mit Farbe
Die festgenommen Aktivistentruppen auf Sylt, Männer und Frauen zwischen 19 und 63 Jahre alt, werden einen hohen Preis für die Sachbeschädigungen zahlen müssen. Während es dem oder der Privatjetbesitzer(in) wohl weniger weh tut, die Farbe entfernen zu lassen. Für das Hotel, ein vor 120 Jahren eröffnetes Traditionshaus geführt in fünfter Generation, mögen die Kosten hoch, aber ebenfalls tragbar sein. Wenige Minuten Recherche zur Historie des Hauses, seiner zeitbedingten Schicksale von zerstörerischen Flutwellen, zwei Kriegen, Inflation und der Pandemie hätten der „Letzten Generation“ vielleicht gezeigt, dass das Haus nicht gerade als reines Symbol der Luxus-Wegwerfgesellschaft taugt. Ja, die Zimmer mögen teurer sein als anderswo, die Getränke edler – das sagt noch nichts über die Gäste, die das genießen. Insofern wird der berechtigte „Warnschuss“ der Protestler ebenso schnell verblassen wie die Farbe in der Hotelbar.