Mord an Ägypterin Lebenslang für Dresdner Messerstecher gefordert

Dresden (RPO). Die Staatsanwaltschaft hat im Prozess um die in einem Gerichtssaal ermordete Ägypterin eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten gefordert. Das Urteil soll am Mittwoch gesprochen werden.

 Der Angeklagte Alex W. wird zu Beginn des neunten Verhandlungstages in den Gerichtsaal gebracht. Rechts sein Verteidiger Michael Sturm.

Der Angeklagte Alex W. wird zu Beginn des neunten Verhandlungstages in den Gerichtsaal gebracht. Rechts sein Verteidiger Michael Sturm.

Foto: AP POOL, AP

Wegen der tödlichen Messerattacke im Gerichtssaal auf die Ägypterin Marwa El-Sherbini soll der Angeklagte nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Oberstaatsanwalt Frank Heinrich sagte am Montag vor dem Dresdner Landgericht, der 28-Jährige habe die Tat lange vorher geplant und regelrecht inszeniert. Der Staatsanwalt forderte die Höchststrafe wegen Mordes und versuchten Mordes und beantragte zudem, die besondere Schwere der Schuld festzustellen.

Damit wäre eine vorzeitige Entlassung bereits nach 15 Jahren Gefängnis nicht möglich. Allerdings könnte sich die für Mittwoch geplante Urteilsverkündung verzögern. Wie die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand sagte, traf am Montag die seit Wochen erwartete Antwort der russischen Generalstaatsanwaltschaft auf ein deutsches Rechtshilfeersuchen ein, in dem es um mögliche psychische Vorerkrankungen des Angeklagten geht. Wiegand sagte, damit müsse man erneut in die Beweisaufnahme eintreten. Das für Montag geplante Plädoyer der Verteidigung wurde verschoben.

Dem Schreiben zufolge war der Angeklagte von der russischen Armee zurückgestellt worden wegen einer "nicht differenzierten Schizophrenie", er habe sich aber deswegen nicht in stationärer Behandlung befunden. Zu der Frage soll nun noch einmal der psychiatrische Gutachter gehört werden.

Oberstaatsanwalt Heinrich hatte zuvor in seinem Plädoyer erklärt, selbst wenn der Angeklagte vor Jahren wegen einer psychischen Erkrankung ausgemustert worden sein sollte, habe dies zur Tatzeit keinerlei Rolle mehr gespielt.

Heinrich betonte, der Angeklagte Alex W. habe aus bloßem Hass auf Nichteuropäer und Muslime sowohl die Frau als auch ihren Mann angegriffen. Motiv des feigen und brutalen Verbrechens sei ein "unbändiger, ungebremster Ausländerhass" gewesen.

"In Killermanier wie ein Berserker eingestochen"

Der Angeklagte hatte die Messerattacke gestanden, bestritt aber einen Tötungsvorsatz und ausländerfeindliche Motive. Heinrich wertete dies als Schutzbehauptung. W. habe heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen gehandelt - überlegt, eiskalt und mitleidslos. "Er hat in Killermanier wie ein Berserker auf die Frau und ihren Mann eingestochen, der sie schützen wollte."

Die 31-jährige schwangere Frau wurde am 1. Juli vor den Augen ihres dreijährigen Sohnes mit mindestens 15 Messerstichen getötet, nachdem sie im Landgericht als Zeugin gegen den Russlanddeutschen ausgesagt hatte. Ihr Mann, der sie schützen wollte, erlitt lebensgefährliche Verletzungen. W. stand wegen Beleidigung vor Gericht, weil er die Frau als "Islamistin" und "Terroristin" beschimpft hatte.

Unerwarteter Angriff

Der Angeklagte verfolgte die Plädoyers äußerlich reglos, das Gesicht wie an den anderen Prozesstagen unter einer Kapuze und in den Händen verborgen.

Die Vertreter der Nebenklage schlossen sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft an. Der Chef der ägyptischen Rechtsanwaltskammer und Präsident der Vereinigung der arabischen Anwälte, Hamdi Khalifa, sprach von einem einzigartigen Verbrechen und forderte "die höchstmögliche Strafe, die nach deutschem Recht möglich" sei. Der ägyptische Anwalt Khaled Othmann, der die Mutter des Opfers vertritt, beklagte unzureichende Sicherheitsvorkehrungen am Tattag und forderte Konsequenzen auch für die Verantwortlichen.

(AP/csr)
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