Tierseuche ausgebrochen Landwirte fürchten Schweinepest

Düsseldorf · Die Seuche ist für den Menschen ungefährlich, bedroht aber die Nutztiere. Ein Exportverbot bringt die Preise unter Druck. NRW sieht sich gut auf die Seuche vorbereitet. Nun sollen Wildschweine verstärkt geschossen werden.

 Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks errichten nahe Frankfurt/Oder auf einem Deich einen Schutzzaun gegen infizierte Wildschweine.

Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks errichten nahe Frankfurt/Oder auf einem Deich einen Schutzzaun gegen infizierte Wildschweine.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) hat Deutschland erreicht und könnte zu wirtschaftlichen Schäden in der Landwirtschaft führen. Das für Haus- und Wildschweine meist tödliche, für Menschen aber ungefährliche Virus wurde in einem Wildschweinkadaver in Brandenburg nahe der polnischen Grenze nachgewiesen. Das teilte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Donnerstag mit. Am Mittwochabend hatten die Behörden im Landkreis Spree-Neiße einen Verdachtsfall gemeldet, in der Nacht zu Donnerstag bestätigte das bundeseigene Friedrich-Loeffler-Institut das ASP-positive Ergebnis in drei Proben. Präsident Thomas Mettenleiter teilte mit, dass der Kadaver bereits starke Verwesungsspuren aufwies und an der Fundstelle bereits eine Weile gelegen habe. Ob sich weitere Tiere infiziert haben, soll jetzt bei Suchaktionen geklärt werden.

Zugleich ergriffen die Behörden nach Angaben von Brandenburgs Verbraucherministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) mehrere Krisenmaßnahmen. So wird in einem Radius von mindestens 15 Kilometern um den Fundort ein Gefahrengebiet eingerichtet, das auch den Landkreis Oder-Spree sowie Polen betrifft. In dem Gebiet gibt es nach Angaben des Ministeriums rund 20 Betriebe, die einzelne Schweine aber auch größere Bestände halten. Der Abstand von der Fundstelle zu einem größeren Betrieb betrage etwa sieben Kilometer. Seit Jahren gibt es vermehrt Fälle Afrikanischer Schweinepest in Europa. Die meisten Infektionen wurden seit Januar in Ungarn (3400 Wilschweine), Polen (3152) und Rumänien (645) nachgewiesen. In Rumänien waren zudem 597 Hausschweine betroffen. Derzeit wird untersucht, wie sich das gefundene Wildschwein infiziert haben könnte und ob es aus einer westpolnischen Population stammt. In dem Gebiet herrscht nun ein striktes Jagdverbot, um keine Wildschweine aufzuschrecken. Aus demselben Grund soll dort kein Mais mehr geerntet werden.

Nordrhein-Westfalen ist nach Angaben von Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) gut auf die Seuche vorbereitet. So seien im Vorfeld Krisenübungen durchgeführt worden, um im Falle eines Ausbruchs im Wildschweinbestand gerüstet zu sein. Das Ministerium habe zudem eine eigens dafür zuständige Arbeitsgruppe. Zudem verwies die Ministerin auf die Wildtierseuchen-Vorsorge-Gesellschaft als externen Dienstleister. Das Unternehmen stellt beispielsweise mobile Wildtierzäune auf, kommt bei der Suche von Tierkadavern und deren Bergung zum Einsatz und dekontaminiere das betroffene Gebiet.

Das Vorgehen beschrieb ein Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW im Gespräch mit unserer Redaktion wie bei einem „ABC-Abwehrzug der Bundeswehr“. So würden in betroffenen Gebieten Mitarbeiter in Vollkörper-Schutzanzügen anrücken und die betroffene Region dekontaminieren. Es sei erwartbar gewesen, dass die Schweinepest irgendwann auch Deutschland erreiche, so der Sprecher. Die Landwirte seien gut vorbereitet und geschult worden. „Wir raten ihnen jetzt, möglichst wenig Menschen auf den Hof zu lassen, damit eine lückenlose Nachverfolgung gewährleistet werden kann.“ Bis Mai seien die Preise für Schweine aufgrund der sehr hohen Nachfrage aus China gut gewesen. „Es wird aber nun zu einem Exportstopp kommen und das hat natürlich auch Folgen für den Preis. Der wird nicht weiter steigen.“ Dass es zu Notkeulungen kommen müsse, schloss der Kammer-Sprecher aus. „Kein Schwein muss sterben, weil es nicht verkauft werden kann. Das regelt sich dann alles erst einmal über den Preis.“

Der Erreger könne über Kleidung, Autoreifen oder Nahrungsmittel übertragen werden, erklärte Ministerin Heinen-Esser. „Der Verzehr von Schweinefleisch ist absolut unbedenklich. Ein achtlos entsorgtes Wurstbrot kann hingegen für Tiere zum Problem werden“, so Heinen-Esser. Es sei nun erforderlich, die Wildschwein-Bejagung hierzulande weiterhin intensiv zu betreiben.

Dem schloss sich der Sprecher für Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz der Grünen-Landtagsfraktion, Norwich Rüße, an: Auch aus naturschutzfachlicher Sicht seien die Wildschweinbestände viel zu hoch. „Gleichzeitig ist jeglicher Jagdtourismus in osteuropäische Länder strikt zu unterbinden“, forderte er. Klar sei aber auch, dass trotz aller Vorsicht und Vorsorge ein Ausbruch nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. „Angesicht des auch in Zukunft hohen Risikos sollte sich die deutsche Landwirtschaft deshalb künftig auf heimische und europäische Märkte konzentrieren“, empfahl Rüße.

(RP)
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