KZ-Prozess in Itzehoe 96-jährige Hauptangeklagte auf der Flucht

Itzehoe · Die 96-Jährige Angeklagte im Itzehoer Prozess um Beihilfe zum Mord im KZ Stutthof ist nicht zur Hauptverhandlung erschienen und gilt als flüchtig. Das Landgericht habe einen Haftbefehl erlassen, sagte der Vorsitzende Richter Dominik Groß am Donnerstag. Irmgard F. wird Beihilfe zum Mord in über 11.000 Fällen vorgeworfen.

Das frühere KZ Stutthof in Polen.

Das frühere KZ Stutthof in Polen.

Foto: dpa/Piotr Wittman

In Itzehoe hätte am Donnerstag der Prozess gegen die ehemalige Sekretärin der Leitung des NS-Konzentrationslagers Stutthof beginnen sollen. Die 96-Jährige muss sich vor dem dortigen Landgericht wegen Beihilfe zum Mord in mehr als elftausend Fällen und einigen Fällen von Beihilfe zu versuchtem Mord verantworten. Laut Anklage arbeitete sie in dem Lager von 1943 bis 1945 als Stenotypistin und Schreibkraft der Kommandantur.

Die 96-Jährige habe ihr Heim in Quickborn (Kreis Pinneberg) am Morgen in unbekannte Richtung verlassen, sagte Gerichtssprecherin Frederike Milhoffer. „Sie hat ein Taxi genommen.“ Fahrziel sei eine U-Bahn-Station in Norderstedt am Hamburger Stadtrand gewesen.

Im Verhandlungssaal in einem Industriegebäude warteten unterdessen mehr als 50 Journalisten und Zuschauer, 12 Vertreter der 30 Nebenkläger, der Verteidiger und weitere Prozessbeteiligte. Geplant war zum Auftakt des Prozesses die Verlesung der Anklage.

In Stutthof starben während des Zweiten Weltkriegs schätzungsweise 65.000 Gefangene, darunter viele Juden. Das Lager bei Danzig erlangte traurige Bekanntheit für die von der SS bewusst in Kauf genommene katastrophale Versorgung der Insassen, die vor allem an Entkräftung und Krankheiten starben. Es gab dort aber unter anderem auch eine Gaskammer und eine Genickschussanlage für Massentötungen. In Deutschland gab es zuletzt bereits mehrere Prozesse gegen frühere Mitglieder der Mannschaften von NS-Lagern.

(th/dpa/AFP)
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