Missbrauchsskandal Kurienkardinal fordert "Großreinemachen"

Rom (RPO). Die katholische Kirche muss nach den Worten des deutschen Kurienkardinals Hans Kasper nach den zahlreichen Missbrauchsfällen in aller Welt verlorenes Vertrauen mit einem "Großreinemachen" wiedergewinnen.

 Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper.

Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper.

Foto: AP, AP

Der Weg der Erneuerung sei unumkehrbar, sagte Kasper in einem Interview der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera". Ebenso wie Vatikansprecher Federico Lombardi nahm er Papst Benedikt XVI. vor Kritik in Schutz, zu lange zu den Skandalen geschwiegen zu haben.

Kasper räumte ein, dass die Kirche gelegentlich zu Missbrauchsfällen geschwiegen habe. Der Papst sei der erste gewesen, der die Notwendigkeit einer härteren Haltung gegenüber Tätern erkannt habe. Angriffe gegen ihn gingen über die Grenzen von Gerechtigkeit und Loyalität hinaus, sagte Kasper, der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen ist.

Auch Lombardi betonte in Radio Vatikan, die Autorität des Papstes sei durch die Missbrauchsskandale nicht erschüttert worden. Die Disziplinarbehörden des Vatikans hätten "Unterstützung und Führung der Bischöfe bei der Bekämpfung und dem Vernichten der Schande des Missbrauchs, wo immer sie geschieht, bestätigt". Die Art und Weise, in der sich die Kirche dem Problem stelle, sei entscheidend für ihre moralische Glaubwürdigkeit.

Kasper sagte, die Kirche brauche nun eine "Kultur der Aufmerksamkeit und des Mutes und ein Großreinemachen". Benedikt habe, auch zuvor als Leiter der Glaubenskongregation, als einer der ersten die Notwendigkeit neuer, strengerer Regeln erkannt.

Benedikt, als Kardinal Josef Ratzinger zuvor Erzbischof von München und viele Jahre Kardinalpräfekt der Kongregation für Glaubenslehre, hat eine strengere Haltung gegen Missbrauch als sein Vorgänger Johannes Paul II. eingenommen.

Kritisiert wurde sein Verhalten aber im Falle eines Geistlichen, der wegen Missbrauchs versetzt wurde und in seiner Münchener Diözese keine seelsorgerische Tätigkeit mehr ausüben sollte. Kurz nach Beginn einer psychiatrischen Behandlung wurde er aber wieder in den seelsorgerischen Dienst zugelassen.

Die "New York Times" berichtete am Dienstag, Ratzinger sei in einer Aktennotiz über die Entscheidung informiert worden. Kasper sagte, in großen Diözesen würden nach seinem Eindruck die Bischöfe oft nicht informiert. Das müsse sich ändern.

In einem anderen Missbrauchsskandal schloss die von Ratzinger geleitete Glaubenskongregation den Fall ohne Verfahren ab. Einem Priester in Milwaukee wurde vorgeworfen, von 1950 bis 1975 rund 200 gehörlose Jungen missbraucht zu haben.

Vatikanakten zufolge entschied das Ratzingers Stellvertreter, Kardinal Tarcisio Bertone, nachdem der Priester in einem Schreiben an Ratzinger Reue gezeigt und darauf hingewiesen habe, das er alt und krank sei. Laut Vatikan erfuhr der Vatikan von dem Fall erst 1996, als die Verbrechen verjährt gewesen seien; der Priester sei zwei Jahre später gestorben.

(apd/top)
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