Skurriler Prozess Kühe dürfen weiter auf Weide bimmeln - Gericht weist Klage von Nachbarn ab

Holzkirchen · Seit Jahren streiten ein Ehepaar und eine Bäuerin im oberbayerischen Holzkirchen über das Geläut von Kuhglocken. Immer wieder traf man sich vor Gericht - die Eheleute hatten in getrennten Verfahren gestritten. Jetzt gibt es eine erste Entscheidung in zweiter Instanz.

 Die Kühe von Bäuerin Regina Killer hatten einen skurrilen Prozess ausgelöst.

Die Kühe von Bäuerin Regina Killer hatten einen skurrilen Prozess ausgelöst.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Die Kuhglocken im oberbayerischen Holzkirchen dürfen weiter bimmeln. Das Oberlandesgericht (OLG) München hat am Mittwoch die Klage eines Anwohners zurückgewiesen. Seit Jahren fühlt sich ein Ehepaar von den Kuhglocken auf der angrenzenden Weide einer Bäuerin gestört und will gerichtlich ein Ende des Gebimmels erreichen. Der Ehemann und später auch seine Ehefrau waren in getrennten Prozessen in erster Instanz vor dem Landgericht München II gescheitert. Der Mann war in zweiter Instanz vor das OLG gezogen - und verlor erneut.

Der Rechtsstreit sorgt auch für Aufmerksamkeit in der bayerischen Politik. „Es ging bei diesem Streit um grundsätzlich mehr als um vermeintlichen Lärm“, teilte Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) mit, zu deren Stimmkreis auch Holzkirchen gehört. „Hier geht es um das Miteinander von Alteingesessenen und Hinzugezogenen. Wer privilegiert im Oberland leben möchte, sollte auch die Lebensgepflogenheiten der Menschen hier akzeptieren.“ Klagen gegen Kirchenlärm, Kuhglocken oder das Krähen von Hähnen trieben einen Keil zwischen Alteingesessene und Neubürger. „Zu unserer ländlichen Lebensart gehört die Kuh auf der Weide – samt Kuhglocke.“

Das Gericht hatte in der Verhandlung im Februar auch eine richterliche „Schlafprobe“ ins Spiel gebracht: Wenn sich Ehepaar und Bäuerin nicht einigen könnten, müsse man womöglich die Sache selbst in „Augen- und Ohrenschein“ nehmen, sagte der Vorsitzende Richter Johannes Nagorsen damals. Da es um die Nachtruhe gehe, würde es darauf hinauslaufen, „dass wir mit oder ohne Sachverständigen dort eine Nacht verbringen“. Das Ehepaar hätte auch eine Übernachtung möglich gemacht. Doch das Gericht kam darauf nun nicht mehr zurück.

Beide Eheleute waren in ihren getrennten Verfahren in erster Instanz vor allem wegen eines vom Ehemann 2015 mit der Bäuerin geschlossenen Vergleichs gescheitert. Demnach dürfen nur im entfernteren Teil der Wiese mit gut 20 Metern Abstand Kühe mit Glocke grasen. Daran hält sich Bäuerin Regina Killer. Dem Ehepaar war es aber weiter zu laut.

Der Anwalt der Eheleute, Peter Hartherz, hatte vor dem OLG im Februar vorgebracht, Messungen am Schlafzimmerfenster des Paares hätten eine Lautstärke von mehr als 70 Dezibel ergeben. Zum Beweis spielte er im Gericht Aufnahmen des Gebimmels ab. Das Gericht kam dennoch zu dem Schluss, dass die Lärmangaben teils zu pauschal seien. Nach dem Urteil am Mittwoch sagte Hartherz, sein Mandant habe auf eine Beweisaufnahme gesetzt. „Er hat darauf gehofft, dass das Gericht sich mal selbst ein Bild macht von den unhaltbaren Zuständen.“

Dazu zählen nach Ansicht des Ehepaares nicht nur die Kühe mit ihren Glocken, sondern auch Fliegen, die um die Kühe und von dort auf ihr Anwesen schwirren, sowie das Ausbringen von Gülle.

Bäuerin Killer sieht dem weiteren Rechtsstreit gelassen entgegen. „Natürlich bin ich erleichtert. Wenn er (der Ehemann) schon abgewiesen worden ist - warum soll sie (die Ehefrau) nicht abgewiesen werden?“ Denn die Verhandlung für die Ehefrau in zweiter Instanz steht noch aus, Hartherz hat hier Berufung gegen das Landgerichtsurteil eingelegt. Der Anwalt gibt nicht auf: „Jetzt werden wir alles daransetzen, dass zumindest die Ehefrau des Klägers zu ihrem Recht kommt.“

Ein Ende hat der Rechtsstreit also auch mit diesem Urteil nicht. Auch beim Ehemann könnte es weitergehen. Das OLG hat zwar eine Revision nicht zugelassen - doch Hartherz will wahrscheinlich Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen: „Wir gehen davon aus, dass wir das machen werden.“

(dpa)
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