Mordfall Michelle Kriminologe warnt vor Panikmache

Bochum/Leipzig (RPO). Der Bochumer Kriminologe Holm Putzke hat die Öffentlichkeit vor Panikmache angesichts des Falls der getöteten achtjährigen Michelle aus Leipzig gewarnt.

Trauer um Michelle
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In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Tötungsfälle mit sexuellem Missbrauch von Kindern deutlich gesunken, sagte Putzke am Dienstag in einem ddp-Interview. Pro Jahr gebe es durchschnittlich drei solcher Verbrechen. In den neunziger Jahren seien dies noch etwa zwölf Fälle gewesen. "Es gibt überhaupt keinen Grund zur Panik", betonte der Strafrechtler am Lehrstuhl für Kriminologie der Ruhr-Universität Bochum.

Verbrechen wie das an Michelle könnten auch nach längerer Zeit noch aufgeklärt werden - möglicherweise durch einen Fehler des Täters, der sich dann in allzu großer Sicherheit wiege. Zwar habe die Leipziger Polizei knapp zwei Wochen nach dem Auffinden der Leiche des Kindes den Täter noch nicht gefasst. Dies müsse aber kein schlechtes Zeichen sein.

"Wenn das Vergehen von Zeit mit taktischen Überlegungen verknüpft ist, kann das von Vorteil sein", erklärte der Experte. Wenn die Ermittler beispielsweise DNA-Spuren gesichert haben, würden diese im Laufe der Zeit nicht schlechter. "Auch ein Haar in einer Laube liegt nach Tagen noch da", sagte der Kriminologe. Schwieriger sei dies schon mit Fingerabdrücken in freier Natur.

Putzke gab zu bedenken, dass durch die intensive Berichterstattung im Fall Michelle fälschlicherweise der Eindruck erweckt werde, dass solche Verbrechen immer häufiger passierten. In Leipzig hatte es erst vor einem Jahr ein ähnliches Verbrechen gegeben. Im Februar 2007 hatte ein vorbestrafter Sexualstraftäter in Leipzig den neunjährigen Mitja entführt, missbraucht und getötet.

Laut Putzke ist die Aufklärungsquote bei derartigen Verbrechen in Deutschland hoch. "Bei Kapitaldelikten wird mit neuester Technik gearbeitet, unter anderem bei der DNA-Analyse", sagte der Experte. Da die Polizei in Leipzig eine Nachrichtensperre zum Verbrechen an dem Kind verhängt habe, könne er nichts zur Gefährlichkeit des Täters sagen, betonte Putzke. Von den bisher nicht bekannten Umständen der Tat sei es abhängig, wie groß die Wiederholungsgefahr ist.

(afp)
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